10.2.2006: Forschung CH

Klimaerwärmung: Mistel erobert immer höhere Gebiete




Nadine Hilker, Andreas Rigling, Matthias Dobbertin

Lange Zeit glaubte man, die Mistel wachse in der Schweiz nur in Gebieten unterhalb von 1000 Metern über Meer. Eine Wissenschaftlerin der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL fand nun aber als direkte Folge der Klimaerwärmung Exemplare der Föhrenmistel auf bis zu 1500 Metern Höhe.


Das Klima hat sich im letzten Jahrhundert stark erwärmt. In der Schweiz stiegen dabei die Temperaturen deutlich stärker an als im globalen Mittel: Allein in den letzten 30 Jahren wurde es bei uns um 1,5 Grad wärmer. Eine der Folgen: Temperaturempfindliche Pflanzen können in höhere Lagen vordringen.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes haben Wissenschaftler der Eidg. Forschungsanstalt WSL die Verbreitung der Föhrenmistel im Kanton Wallis untersucht. Misteln sind licht- und wärmeliebende Halbparasiten und beziehen von ihren Wirtsbäumen Wasser und gelöste Nährsalze. Vor allem während Trockenperioden kann dies zu einem erhöhten Stress für den Wirtsbaum führen. Lange Zeit glaubte man, dass der Halbparasit oberhalb von 1000 Metern Höhe praktisch nicht vorkomme. Die Wissenschaftler fanden im Wallis jedoch Föhrenmisteln auf bis zu 1500 Metern Höhe. Im Schnitt hat sich die Arealgrenze der Föhrenmistel in den letzten 100 Jahren um mindestens 250 Meter nach oben verschoben – das zeigt der Vergleich mit einer Untersuchung aus dem Jahr 1910.
Dieser Anstieg ist eine Folge der Klimaerwärmung im letzten Jahrhundert. Entscheidend für das Mistelvorkommen sind vor allem die Winter- und Frühjahrstemperaturen. Speziell die Wintertemperaturen sind – im Vergleich zu den Sommertemperaturen – besonders stark angestiegen. Die Mistelbeeren reifen im Winter und werden durch Vögel verbreitet. Die Samen keimen dann im Frühling auf den Bäumen. Das erklärt, weshalb die Mistel vor allem von warmen Wintern und den gestiegenen Frühjahrstemperaturen profitiert.
Wird die Mistel in Zukunft noch höher gelegene Gebiete erobern? Gut möglich: Nimmt die durchschnittliche Temperatur um ein weiteres Grad zu, steigt nach Berechnungen der WSL auch die Arealgrenze der Föhrenmistel nochmals um etwa 100 Meter an.


Keywords:
Mistel, Klimaerwärmung, Wallis

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Hilker N., Rigling A., Dobbertin M. (2005). Föhrensterben im Wallis – Mehr Misteln wegen der Klimaerwärmung. Wald Holz 85 (3), 39–42.

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Kontaktadresse:
Andreas Rigling, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL/FNP), Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf

andreas.rigling@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 25 93


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