23.9.2025: Forschung international

Menschen nehmen Biodiversität intuitiv wahr

Les êtres humains perçoivent intuitivement la biodiversité



Kevin Rozario et al.

Auch ohne Fachwissen können Menschen recht präzise einschätzen, wie artenreich ein Wald ist – allein anhand von Fotos oder Tonaufnahmen. Ihre subjektive Wahrnehmung stimmt erstaunlich gut mit wissenschaftlichen Messungen von Biodiversität überein.

Même sans connaissances particulières, les humains sont capables d’estimer assez précisément la richesse en espèces d’une forêt, uniquement à partir de photos ou d’enregistrements sonores. Leur perception subjective correspond étonnamment bien aux mesures scientifiques de la biodiversité.


Die Frage, wie Menschen Biodiversität wahrnehmen, ist für den Naturschutz von grosser Bedeutung. Für die Studie wurden 48 Personen gebeten, Fotografien und Tonaufnahmen von Waldflächen in Deutschland, Belgien und Polen zu sortieren. Die 57 Fotos zeigten unterschiedliche Lebensraumstrukturen und Baumarten, die 16 Tonaufnahmen enthielten das Vogelstimmenspektrum verschiedener Waldabschnitte. Ziel war es, die Materialien nach dem jeweils wahrgenommenen Grad an biologischer Vielfalt zu ordnen.
Parallel dazu wurde die tatsächliche Biodiversität der Waldstücke anhand etablierter wissenschaftlicher Indikatoren erfasst. Für die Fotos haben die Forschenden vier Messgrössen verwendet: Baumartenreichtum, Strukturvielfalt der Bestände, Diversität der Strauch- und Krautschicht sowie deren Bedeckungsgrad. Für die Tonaufnahmen wurde die Anzahl verschiedener Vogelarten bestimmt.
Das Ergebnis zeigte, dass die subjektiven Einschätzungen der Teilnehmenden eng mit den wissenschaftlichen Messungen korrelierten: Laien können die Vielfalt von Wäldern überraschend treffsicher einschätzen, ohne eine ökologische Ausbildung zu besitzen. Visuell verbanden die Teilnehmenden Vielfalt insbesondere mit Häufigkeit, Farbigkeit und Lichteinfall. Akustisch waren es Merkmale wie Stimmenvielfalt und Lautstärke des Vogelgesangs oder die ausgelösten Emotionen, die eine Rolle spielten.
Menschen können Biodiversität offenbar auch intuitiv gut erfassen. Zugleich verweisen die Forschenden auf Grenzen. Der Vergleich gelingt besonders gut, wenn mehrere Waldbilder oder Tonaufnahmen nebeneinander bzw. nacheinander verglichen werden können. Wird nur eine einzelne Szene beurteilt, fällt die Einschätzung deutlich schwerer.

Quelle: iDiv


Keywords:
Wald, Biophilie, Wahrnehmung, Wohlbefinden, Ökosystemleistungen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Rozario K, Shaw T, Marselle M, Oh RRY, Schröger E, Giraldo Botero M, ... & Bonn A. (2025) Perceived biodiversity: Is what we measure also what we see and hear? People and Nature 7(8): 2019-2037.

Link zur Studie (freier Zugang):

Kontaktadresse:
Kevin Rozario
German Centre for Integrative Biodiversity Research (iDiv)
D-04103 Leipzig

kevin.rozario@idiv.de


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