25.6.2025: Forschung international
Das «Internet der Natur»: Neue Perspektiven auf die Funktionsweise von Ökosystemen
« Internet de la nature » : nouvel angle d‘approche sur le fonctionnement des écosystèmes
Ulrich Brose et al.
Bisher konzentrierte sich die Forschung zu ökologischen Netzwerken vor allem auf Wechselwirkungen, bei denen Materie und Energie übertragen werden – etwa durch Frass oder Bestäubung. In der Natur tauschen Arten jedoch auch absichtlich oder unabsichtlich Informationen aus – Signale und Reize, die ihr Verhalten und ihre Bewegung beeinflussen. Das neu entwickelte Konzept des «Internets der Natur» identifiziert diesen Informationsaustausch zwischen Arten als entscheidenden Faktor für das Funktionieren von Ökosystemen.
La recherche sur les réseaux écologiques s’est concentrée jusqu’à présent surtout sur les interactions impliquant le transfert de matière et d’énergie, par exemple par la prédation ou la pollinisation. Toutefois dans la nature, les espèces échangent également, intentionnellement ou accidentellement, des signaux et des stimuli qui influencent leur comportement et leurs mouvements. Le concept nouvellement développé d’« internet de la nature » identifie cet échange d’informations entre les espèces comme un facteur décisif pour le fonctionnement des écosystèmes.
Traditionell liegt der Schwerpunkt ökologischer Forschung auf dem Austausch von Materie und Energie wie Nahrungsketten, Bestäubung oder der Verbreitung von Samen. Eine Gruppe aus Forschenden argumentiert nun, dass Arten auch Informationen austauschen, die ihr Verhalten, ihre Interaktionen und die Dynamik von Ökosystemen entscheidend prägen – und dieser Austausch ein eigenständiges Informationsnetzwerk der Natur bildet. Mit ihrem Konzept «Internet der Natur» eröffnen sie neue Perspektiven auf die Funktionsweise von Ökosystemen. Die Forschenden haben drei Typen des Informationsaustauschs in Ökosystemen identifiziert: trophische Informationsflüsse, reine Informationsflüsse und Umweltinformationsflüsse.
Trophische Informationsflüsse umfassen Signale, die zwischen Beute und Räubern ausgetauscht werden. Ein Beispiel: Wölfe nutzen ihre Nasen, Ohren und Augen, um Elche und ihre Fährten aufzuspüren. Die Elche wiederum reagieren auf die Wölfe, indem sie sich in Gruppen sammeln und in dichte Vegetation zurückziehen. Reine Informationsflüsse beziehen sich auf Interaktionen zwischen Arten, die nicht direkt an Nahrungsbeziehungen beteiligt sind. Zum Beispiel beobachtet eine Hyäne das Verhalten eines kreisenden Geiers, um auf die mögliche Präsenz eines nahegelegenen Kadavers zu schliessen. Umweltinformationsflüsse ermöglichen es Arten, ihr Verhalten an Umweltbedingungen wie Lärm, Licht, oder Temperatur anzupassen. Beispiele sind Motten, die nachts auf Licht reagieren, Spinnen, die ihre Netze in der Nähe von Lichtquellen bauen, oder Chamäleons, die ihre Tarnung je nach Umgebung anpassen.
Die Studie weist darauf hin, wie menschliche Einflüsse diese Informationsflüsse stören können. Solche Faktoren verändern die ökologischen Informationslandschaften, beeinträchtigen die Signalübertragung und können es Arten erschweren, miteinander zu kommunizieren, Ressourcen zu finden oder sich an ihre Umgebung anzupassen. Das Wissen, wie Arten Informationen erkennen und nutzen, kann dazu beitragen, die Informationswege zwischen Arten durch Luft, Wasser oder Boden zu schützen.
Quelle: iDiv.de
Keywords:
Ökosystemfunktion, Netzwerk, Informationsaustausch, «Internet der Natur», ökologische Informationslandschaften
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Brose U et al. (2025) Embedding information flows within ecological networks. Nature Ecology & Evolution 9: 547-558.
Link zur Studie
Kontaktadresse:
Ulrich Bose
Friedrich Schiller University Jena
Institute of Biodiversity
D-07743 Jena
ulrich.brose@idiv.de
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