31.8.2005: Forschung CH
Die Nachfrage nach Extensivflächen und Naturschutzgebieten ist noch nicht befriedigt!
Marcel Schmitt, Felix Schläpfer und Anna Roschewitz
Wie bewertet die Bevölkerung Landschaftsveränderungen? Ein Befragungsexperiment hat gezeigt, dass die Mehrheit der Befragten bereit wäre, für mehr Hecken und Bäume, Extensivflächen und Naturschutzgebiete (auf Kosten von intensivem Grünland) mehr Steuern zu bezahlen; eine Abnahme der Ackerfläche bewerteten die Befragten dagegen meist negativ. Gegenüber einer moderaten Zunahme der Waldfläche zeigten sich die befragten Personen indifferent.
Die produktive Landwirtschaft und die Landschaftsplege erbringen für die Gesellschaft verschiedene gemeinwirtschaftliche Leistungen ökologischer, ästhetischer und kultureller Art. Die Nachfrage der Bevölkerung nach diesen Leistungen lässt sich allerdings nicht wie bei privaten Gütern auf Märkten beobachten. Vor diesem Hintergrund haben drei Forschende ein Befragungsexperiment durchgeführt, welches die Wertschätzung für verschiedene Landnutzungen im Kanton Zürich in Form von Zahlungsbereitschaften erfasst.
Im Rahmen der Untersuchung wurde anhand einer schriftlichen Befragung nach der Choice-Experiment-Methode die Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für das öffentliche Gut Landschaft und Landwirtschaft bzw. für mögliche Veränderungen der Landschaft im Kanton Zürich geschätzt. Die Teilnehmenden wurden aufgefordert, aus verschiedenen zur Auswahl stehenden Landschaften, die sich auch im Steuerpreis unterschieden, die bevorzugte auszuwählen. Aus der Menge aller Auswahlentscheidungen der Befragten wurden Zahlungsbereitschaften für die Veränderung der einzelnen Landnutzungen berechnet. Das experimentelle Design der Befragung umfasste sechs Teilstichproben, die anhand zweier Faktoren gebildet wurden. Zum einen enthielt die Stichprobe Befragte aus drei unterschiedlichen Gemeindetypen, was eine separate Schätzung der Zahlungsbereitschaft für Personen aus Stadt, Agglomeration und Land ermöglichte. Zusätzlich wurden der einen Hälfte der Befragten Antwortempfehlungen von Parteien und Verbänden beigelegt, welche die Teilnehmenden – analog zu Abstimmungsparolen bei Volksabstimmungen – als Hilfe zur Meinungsbildung verwenden konnten.
Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf Landnutzungsänderungen im Umfang von einem Flächenprozent des Kantons Zürich: Für die Zunahme von intensivem Grünland zu Lasten von Ackerland war die Zahlungsbereitschaft negativ, d.h. es besteht eine Kompensationsforderung. Die Ausdehnung extensiver Landwirtschaftsflächen bei gleichzeitig reduziertem Anteil intensiv genutzter Wiesen und Weiden war den Teilnehmenden etwa ein Steuerprozent wert. Gleich viel würden sie den Umfrageergebnissen nach auch für eine Ausweitung der Naturschutzgebiete zahlen. Für die Substitution intensiv genutzter Wiesen und Weiden durch Hecken, Gebüsche und Bäume äusserten die Befragten mit rund zwei Steuerprozent die höchste Zahlungsbereitschaft. Allerdings nimmt die Zahlungsbereitschaft für eine Ausdehnung von mehr als einem Flächenprozent sehr schnell ab. Gegenüber einer moderaten Zunahme der Waldfläche auf Kosten von intensiv genutzten Wiesen und Weiden waren die Teilnehmenden mehr oder weniger indifferent. Die Beigabe der Antwortempfehlungen der Parteien und Verbände hatte einen nachweisbaren Effekt auf das Auswahlverhalten der Befragten. Der verwendete experimentelle Ansatz hat gezeigt, dass die geschätzten absoluten Zahlungsbereitschaften mit Unsicherheit behaftet und tendenziell nach oben verzerrt sind.
Keywords:
Choice-Experiment, Landschaft, Landwirtschaft, Parteiempfehlungen, Zahlungsbereitschaft
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Schmitt, M., Schläpfer, F., Roschewitz, A. (2005): Bewertung von Landschaftsveränderungen im Schweizer Mittelland aus Sicht der Bevölkerung. Eine Anwendung der Choice-Experiment-Methode. Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf. 89 S. und 20 S. Anhang. Schmitt M., Schläpfer F., Roschewitz A. (2004): Bewertung von Landschaftsveränderungen: Ein experimenteller Ansatz. Agrarforschung 10, 464-469.
Vollständiger Bericht als pdf (5.4 MB)
Kontaktadresse:
Dr. Felix Schläpfer, Institut für Umweltwissenschaften, Universität Zürich, Winterthurerstr. 190, CH-8057 Zürich
schlaepf@uwinst.unizh.ch
Tel: +41 (0)44 635 4747
Fax: +41 (0)44 635 5711
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