4.11.2024: Forschung international

Massenhaft auftretende Wasserpflanzen: Nichtstun ist auch eine Option

Apparition massive de plantes aquatiques : l’inaction est aussi une option



Susanne C. Schneider et al.

Treten Wasserpflanzen in Massen auf, werden sie häufig entfernt. Dabei wäre die Option «Nichtstun» oftmals ökologisch sinnvoller. Massenentwicklungen von Wasserpflanzen beeinträchtigen vor allem den Erholungswert eines Gewässers, während sie für andere Ökosystemleistungen von Vorteil sein können.

Si des plantes aquatiques apparaissent en masse, elles sont souvent enlevées. Pourtant, ne rien faire serait souvent une option plus utile du point de vue écologique. Les développements en masse de plantes aquatiques portent surtout atteinte à la valeur récréative d’un cours d’eau, alors qu’ils peuvent être bénéfiques pour d’autres services écosystémiques.


Wasserpflanzen (Makrophyten) können sich massenhaft ausbreiten, wenn wachstumsfördernde Faktoren wie Nährstoffüberangebote, Licht und warme Temperaturen vorhanden sind oder wenn störende Einflüsse wie starke Strömung und Trockenheit seltener auftreten. Solche Störungen fehlen oft in kanalisierten Fliessgewässern oder regulierten Seen. Befragungen haben gezeigt, dass Wasserpflanzen umso störender empfunden werden, je dichter sie sind.
Eine gängige Massnahme zur Bekämpfung ist das Mähen oder mechanische Entfernen. Wie sich diese Massnahmen auf die Ökologie, die Wasserqualität und den Wasserhaushalt auswirken, haben Forschende in Vorher-Nachher-Feldexperimenten an Gewässern (Seen, Stauseen und Flüssen) in Europa und Afrika untersucht.
Um zu bewerten, ob Wasserpflanzen entfernt werden sollen oder nicht, wurden in dieser Studie zwölf Ökosystemleistungen von Gewässern analysiert, die durch Massenentwicklungen von Wasserpflanzen beeinflusst werden – entweder positiv oder negativ. Indem die Ökosystemleistungen in Geldeinheiten pro Flächen- und Zeiteinheit ausgedrückt wurden, konnte ein ökonomischer Gesamtwert abgeschätzt werden. Das Forschungsteam berechnete den jeweiligen Wert für drei Szenarien: nichts tun; derzeitige Managementpraxis mit teilweiser Entfernung der Pflanzen; maximale Entfernung.
Da die Ursachen für die Massenentwicklung von Wasserpflanzen oft schwer zu bekämpfen sind, werden jedes Jahr erhebliche Mittel für ihre Entfernung aufgewendet, obwohl dies nur eine kurzfristige Wirkung hat. Ziel der Entfernung kann es sein, Überschwemmungen angrenzender Grundstücke oder die Verstopfung von Wasserkraftwerken und Wasserleitungen zu verhindern oder Freizeitaktivitäten wie Bootfahren, Schwimmen und Angeln zu erleichtern.
Die Resultate zeigen, dass Managemententscheidungen bisher oft nur Bedürfnisse einer bestimmten Nutzergruppe berücksichtigen. Eine gesamtheitlichere Sicht der Ökosystemleistungen verdeutlicht aber, dass der Nutzen der Entfernung von Wasserpflanzen oft nicht grösser ist, als wenn man sie wachsen lässt. Die Option des «Nichtstuns» im Umgang mit Wasserpflanzen, die als störend empfunden werden, sollte daher nicht zu schnell verworfen werden.

Quelle: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei

Keywords:
Gewässer, Ökosystemleistungen, Wasserpflanzen, Ökosystemmanagement

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Schneider S.C. et al. (2024): Causes of macrophyte mass development and management recommendations. Science of the Total Environment, 172960. doi.org/10.1016/j.scitotenv.2024.172960


Link zur Studie (freier Zugang)

Kontaktadresse:
Sabine Hilt
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Ökologie der Lebensgemeinschaften und Ökosysteme
Müggelseedamm 301
D-12587 Berlin
hilt@igb-berlin.de


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