27.8.2024: Forschung CH

Biodiversitätsschutz in Schweizer Gewässern optimieren

Optimiser la protection de la biodiversité dans les eaux suisses



Adrian Aeschlimann et al.

Mit Hilfe von KI-Modellen kann die Verteilung von Fisch- und Gewässerinsektenarten analysiert und der Einfluss von Umweltfaktoren bestimmt werden. Die Methode könnte dazu beitragen, Schutzmassnahmen gezielter zu ergreifen.

Des modèles d’IA permettent d’analyser la répartition des espèces de poissons et d’insectes et de déterminer l’influence des facteurs environnementaux. La méthode pourrait contribuer à mieux cibler les mesures de protection.


Die Schweiz hat in verschiedenen Strategien und Gesetzen Ziele und Massnahmen definiert, um dem Rückgang der Artenvielfalt Einhalt zu gebieten. Aber die Umsetzung der Massnahmen hinkt den Zielen hinterher, unter anderem weil die Daten zur Artenvielfalt lückenhaft sind.
Hier setzt ein gemeinsam geleitetes Forschungsprojekt der Universität Bern, des Schweizerischen Kompetenzzentrums Fischerei und der Eawag an. Ziel des Projekts ist es, jene Gewässerabschnitte zu identifizieren, in denen der Handlungsbedarf zum Schutz der Gewässer-Artenvielfalt am grössten ist und Schutz- und Fördermassnahmen möglichst optimal und zielgerichtet geplant und umgesetzt werden können. Die Forschenden konzentrierten sich dabei auf Fische und Gewässerinsekten und auf das Einzugsgebiet von Aare und Rhein.
In einem ersten Schritt erfassten und modellierten sie, wo im Einzugsgebiet welche Fisch- und Gewässerinsektenarten vorkommen. Auf diese Weise wurden für rund 50 Arten von Gewässerinsekten und 40 Fischarten die für sie geeigneten Standorte im Einzugsgebiet ermittelt. Es zeigt sich, dass die Vielfalt an Gewässerinsekten in kleineren Flüssen und höheren Lagen am höchsten ist, während Seen, grössere Flüsse und deren unverbaute Zuflüsse in niederen und mittleren Lagen die meisten Fischarten beherbergen.
Aus diesen Daten lässt sich ableiten, welche Umweltfaktoren den grössten positiven oder negativen Einfluss auf das Vorkommen einer bestimmten Art haben. Dafür simulierten die Forschenden mit Hilfe von Modellen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, wie die Verteilung der Arten ohne menschliche Einflüsse aussehen würde – also in natürlichen Flüssen mit unbesiedelter Umgebung. So lässt sich einerseits sehen, wo der Unterschied zwischen tatsächlichem und theoretisch erwartetem Vorkommen einer Art am grössten ist und welche Faktoren für diese Differenz ausschlaggebend sind.
Am Beispiel des Schneiders in der Region Untere Emme konnten die Forschenden zeigen, dass sich vor allem die fehlende Durchgängigkeit auf Grund von Hindernissen («Konnektivität») negativ auf das Vorkommen dieser Fischart auswirkt. Die Abflussmenge hingegen ist zumindest entlang der Hauptachsen des Gewässersystems Untere Emme gut geeignet für den Schneider, weniger hingegen in den Zuflüssen zur Emme. Die Gewässertemperatur als weiterer untersuchter Faktor ist in einem guten Bereich für den Schneider.
Das gleiche lässt sich nicht nur für den Schneider, sondern für die ganze, in einer Region vorkommende Artengemeinschaft ermitteln. Wie verschiedene Arten auf Umweltfaktoren wie den Klimawandel reagieren, kann dabei sehr unterschiedlich sein. Auf diese Weise können Kantone und Gemeinden Massnahmen genau dort planen und umsetzen, wo sie am meisten zum Schutz und zur Förderung der Biodiversität beitragen.

Quelle: Eawag

Keywords:
Gewässer, Fische, Insekten, Klimawandel, Massnahmen

Art der Publikation:
Bericht

Literatur:
Aeschlimann A. et al., (2024): Den Biodiversitätsverlust der Gewässer stoppen trotz Klimawandel. Zwischenbericht Phase I (2020-2023), Projekt LANAT-3, Wyss Academy for Nature Hub Bern, 103 Seiten



Zum Bericht (freier Zugang)

Kontaktadresse:
Ole Seehausen
Eawag
Seestrasse 79
CH-6047 Kastanienbaum
ole.seehausen@eawag.ch
Tel: +41 (0)58 765 21 21


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