19.6.2024: Forschung international

Extensive Beweidung: gut für die Biodiversität, herausfordernd für Landnutzende

Pâturage extensif : bon pour la biodiversité, exigeant pour les utilisateurs des terres



Julia Rouet-Leduc et al.

Extensiv beweidete Flächen nehmen in der EU ab. Dabei haben sie für die Pflege und ökologische Aufwertung von wertvollen Lebensräumen ein grosses Potenzial. Zu viele Regeln und Vorschriften bei gleichzeitig tiefen finanziellen Anreizen machen die extensive Beweidung unattraktiv.

Les surfaces de pâturage extensif sont en recul dans l’UE. Pourtant, elles présentent un grand potentiel pour l’entretien et la valorisation écologique de précieux habitats. Trop de règles et de prescriptions, en même temps que les faibles incitations financières, rendent le pâturage extensif peu attractif.


Extensive Weidesysteme mit einer geringen Dichte an Tieren die nur minimal und gezielt mit Entwurmungsmitteln und anderen Medikamenten behandelt werden, können lokal zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Förderung verschiedener Ökosystemleistungen beitragen. Vor allem in Gebieten, in denen die Landnutzung aufgegeben wurde, bieten sich viele Möglichkeiten für ein «Rewilding» mit grossen Pflanzenfressern, die verschiedene Ökosystemleistungen erbringen. Dennoch nimmt diese Form der Bewirtschaftung laufend ab. Ein Forschungsteam hat deshalb die Herausforderungen für die Landwirtinnen und Landwirte untersucht. Zwischen 2019 und 2021 interviewten sie 74 Landnutzende, Landeigentümer, Viehhalter und Managerinnen in acht Fallstudiengebieten in der EU.
Die Landnutzenden entscheiden sich für diese Art des Weidemanagements, weil sie es für sinnvoll halten, und nicht aus einer wirtschaftlichen Motivation heraus. Die Sorge um die Natur ist für viele ein weiterer wichtiger Beweggrund. In einigen Fällen besteht auch der Wunsch traditionelle landwirtschaftliche Praktiken beizubehalten.
Viele Landnutzende kämpfen allerdings mit Regeln und Vorschriften. Nach ihrer Ansicht behindern die geltenden Anforderungen vor allem im Rahmen der «Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Kommission» (GAP) naturnahe und nachhaltige Praktiken. Dazu gehören beispielsweise Vorschriften zur Kennzeichnung des Viehs oder die strikte Entbuschung der Weiden. Im Allgemeinen wird die GAP als zu restriktiv empfunden, weshalb viele Landnutzende lieber gar keine Subventionen beantragten.
Weitere Herausforderungen sind die sozioökonomischen Veränderungen auf dem Land. Die Landflucht führt zu einem Mangel an Arbeitskräften, während gleichzeitig körperliche Arbeit nach wie vor unersetzbar ist, insbesondere bei der Arbeit mit Rindern und Pferden.
Auf Basis von Interviews identifizierte das Forschungsteam mögliche Massnahmen zur Förderung extensiver Beweidungspraktiken. So braucht es bei der Gewährung finanzieller Anreize für extensive Beweidung mehr Flexibilität. Die GAP bietet zwar wichtige wirtschaftliche Unterstützung, fördert aber mit problematischen Anforderungen auch eine für die Biodiversität kontraproduktive Bewirtschaftungsweisen. Die Forschenden empfehlen ausserdem eine bessere Kennzeichnung und Zertifizierung von Produkten aus umweltfreundlicher Beweidung, um die öffentliche Unterstützung zu erhöhen und die Entwicklung von Märkten für solche Produkte zu fördern.
Quelle: iDiv


Keywords:
Extensive Beweidung, Weiden, Landwirtschaftspolitik, EU, Anreize

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Rouet-Leduc J., Van Der Plas F., Bonn A., Helmer W., Marselle M. R., von Essen E., Pe’er G. (2024): Exploring the motivation and challenges for land-users engaged in sustainable grazing in Europe. Land Use Policy 141, 107146.

Link zur Studie (freier Zugang)

Kontaktadresse:
Julia Rouet-Leduc
Stockholm Resilience Centre
Albanovägen 28
SE-106 91 Stockholm

julia.rouet.leduc@su.se


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