7.2.2024: Forschung international

Viel Aufwand, wenig Beute: Geringer Erfolg bei der Futtersuche vertreibt Fledermäuse aus Städten

Beaucoup d’efforts, peu de proies : le succès limité dans la recherche de nourriture chasse les chauves-souris des villes



Laura Stidsholt et al.

Für grössere, insektenfressende Fledermausarten kann die Futtersuche in städtischen Lebensräumen eine Herausforderung sein: Um satt zu werden, muss beispielsweise der Grosse Abendsegler (Nyctalus noctula) in Berlin viel länger jagen als seine Artgenossen auf dem Land.

Pour les grandes espèces de chauves-souris insectivores, la recherche de nourriture peut être un défi dans les habitats urbains : pour être rassasiée, la noctule commune (Nyctalus noctula) doit par exemple chasser beaucoup plus longtemps à Berlin que ses congénères à la campagne.


Die Verstädterung hat erhebliche Auswirkungen auf Wildtiere und ihre Lebensräume. Auch wenn sich einige wenige Tierarten an städtische Umgebungen anpassen können, meidet die Mehrheit der Wildtierarten urbane Landschaften. Die Urbanisierung wirkt wie ein Umweltfilter, der einige Arten mit geeigneten Verhaltens-, Morphologie- und Fortpflanzungsmerkmalen begünstigt, viele jedoch verdrängt.
In städtischen Gebieten leben zwar viele Fledermausarten, aber es geht nicht allen gleichermassen gut. Vor allem für grössere Arten ist das Nahrungsangebot aufgrund der starken Versiegelung und intensiven Flächennutzung schlecht, wie eine Untersuchung gezeigt hat.
Die Forschenden statteten Grosse Abendsegler im Stadtgebiet von Berlin und in einem ländlichen Gebiet in Mecklenburg-Vorpommern mit kleinen Sensorloggern aus. Dies ermöglichte es ihnen, den Aufwand für die Nahrungssuche, die Anwesenheit von Artgenossen und den Jagderfolg während der Nahrungssuche in städtischer und ländlicher Umgebung zu erfassen und zu analysieren.
Obwohl die Abendsegler in beiden Umgebungen ähnlich grosse Beutetiere jagten, erbeuteten sie in der Stadt deutlich weniger Beutetiere pro Flugzeit und insgesamt eine geringere Gesamtmenge an Insekten als ihre Artgenossen auf dem Land. Zudem mussten sie dabei höher und weitere Strecken fliegen. Fledermäuse in der Stadt fangen also weniger Beute und haben einen höheren Energieaufwand bei der Suche nach Insekten als Fledermäuse auf dem Land.
In der Stadt waren Grosse Abendsegler zudem weniger sozial, sie jagten also seltener mit Artgenossen zusammen. Wahrscheinlich war die Gruppenjagd in der Stadt unnötig, da es für eine Stadtfledermaus überschaubar ist, in welchen Grünanlagen sich Beuteinsekten befinden. Auf dem Land benötigen sie hierfür die Unterstützung ihrer Artgenossen.
Die meisten Fledermausarten haben aufgrund ihres hohen Stoffwechsels und ihrer energieaufwändigen Fortbewegung einen hohen Energiebedarf. Um diesen während des gesamten Tagesverlaufes in Zeiten von Nahrungsknappheit zu reduzieren, versetzen sich Fledermäuse in einen Schlafzustand. Dabei senken sie ihre Körpertemperatur und somit ihren Energieverbrauch erheblich. Möglicherweise nutzen grössere Arten wie der Abendsegler diese Methode in der Stadt gezielt, um eine positive Energiebilanz aufrechtzuerhalten. Allerdings hat der energiesparende Ruhezustand auch negative Folgen, zum Beispiel für Weibchen während der Trächtigkeit und für die Jungtierentwicklung, denn bei niedrigeren Körpertemperaturen wird auch das Wachstum ausgebremst.

Quelle: Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung


Keywords:
Fledermäuse, Insekten, Stadtnatur, Grünflächen, Versiegelung

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Stidsholt L., Scholz C., Hermanns U., Teige T., Post M., Stapelfeldt B., Reusch C., Voigt C.C. (2023): Low foraging rates drive large insectivorous bats away from urban areas. Global Change Biology. DOI: 10.1111/gcb.17063, https://doi.org/10.1111/gcb.17063

Link zur Studie (freier Zugang)

Kontaktadresse:
Laura Stidsholt
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Alfred-Kowalke-Str. 17
D-10315 Berlin

laura.stidsholt@bio.au.dk


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