7.2.2024: Forschung CH
Überwachung der genetischen Vielfalt in Europa ist ungenügend
La surveillance de la diversité génétique en Europe est insuffisante
Pearman B.P. et al.
Die genetische Vielfalt ist entscheidend dafür, ob sich Arten an den Klimawandel anpassen können. Doch die derzeitigen Bemühungen zur Überwachung der genetischen Vielfalt in Europa sind unvollständig und unzureichend. Die zukünftigen Anstrengungen sollten Gebiete abdecken, die für die Erhaltung der genetischen Vielfalt besonders wichtig sind.
La diversité génétique est déterminante dans la capacité des espèces à s’adapter au changement climatique. Pourtant, les efforts actuels de surveillance de la diversité génétique en Europe sont lacunaires et insuffisants. Les futurs efforts devraient couvrir des régions particulièrement importantes pour la conservation de la diversité génétique.
Jedes Lebewesen auf unserem Planeten unterscheidet sich von seinen Artgenossen durch Unterschiede im Erbgut. Diese genetische Vielfalt ist eine Voraussetzung dafür, dass Pflanzen und Tiere sich anpassen können, wenn sich die Umwelt verändert. Ansonsten droht das lokale Aussterben, oder die Art muss in andere Lebensräume abwandern. Damit ist die genetische Vielfalt einer der Schlüsselfaktoren, damit Arten überleben. Sie ist ein grundlegender Bestandteil der biologischen Vielfalt, wurde bislang aber vernachlässigt.
Ein internationales Forscherteam mit Schweizer Beteiligung hat nun untersucht, in welchen europäischen Ländern und bei wie vielen Arten die genetische Vielfalt bisher überwacht wird. Ihr Ziel war es, den Aufbau künftiger Kapazitäten in jene Bereiche und Regionen zu lenken, in denen eine erweiterte Überwachung am dringendsten erforderlich ist.
Die Ergebnisse zeigen, dass langfristige Untersuchungen, die zeitliche Veränderungen der genetischen Vielfalt von Arten erfassen, selten und ungleich verteilt sind. Während beispielsweise Belgien und Schweden 12 Monitoringprojekte vorweisen können, gibt es in der Türkei keine.
Die Forschenden fordern, dass Europa verstärkt in die genetische Überwachung entlang der Klimagradienten investiert. Genetische Vielfalt wird immer unentbehrlicher, denn die globale Erwärmung übt grossen Druck auf viele Arten in Europa aus. Die Fähigkeit der Arten, mit grösserer Hitze oder Trockenheit umgehen zu können, ist mitentscheidend dafür, ob eine Art lokal überlebt oder nicht. In den klimatischen Grenzregionen sei es am dringendsten, die genetische Vielfalt zu messen, um die Überlebensfähigkeit der betreffenden Arten zu beurteilen und eine möglichst breite Basis der genetischen Vielfalt zu erhalten, so die Forschenden.
In den am meisten vom Klimawandel betroffenen Regionen sind Arten aber nicht nur besonders bedroht; hier ist die Wahrscheinlichkeit auch am grössten, dass sich die für eine Anpassung nötigen genetischen Varianten durch entsprechende Selektion anhäufen. Diese ökologischen Randregionen können somit als Reservoir dienen, aus dem sich günstige Varianten durch genetischen Austausch in andere, später vom Klimawandel betroffene Teile des Verbreitungsgebietes ausbreiten können. Dies erhöht die Widerstandsfähigkeit einer Art insgesamt.
Quelle: WSL
Keywords:
Monitoring, genetische Vielfalt, Europa, Klimawandel, ökologischen Randregionen
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Pearman P.B., Broennimann O., Aavik T. et al. (2024): Monitoring of species genetic diversity in Europe varies greatly and overlooks potential climate change impacts. Nature Ecology & Evolution. doi.org/10.1038/s41559-023-02260-0
Link zur Studie (freier Zugang)
Kontaktadresse:
Dr. Felix Gugerli Künzle
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
8903 Birmensdorf
felix.gugerli@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 25 90
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