26.9.2023: Forschung CH
Böden sind Hotspots der Biodiversität
Les sols sont des hotspots de la biodiversité
Mark Anthony, Franz Bender und Marcel van der Heijden
Schätzungsweise zwei Drittel aller bekannten Arten leben im Boden. Je nach Organismengruppe sind die Unsicherheiten allerdings gross. Pilze sind die Gruppe mit den meisten bodenlebenden Arten.
On estime que deux tiers de toutes les espèces connues vivent dans le sol. Les incertitudes restent toutefois importantes selon les groupes d’organismes. Les champignons constituent le groupe qui compte le plus d’espèces vivant dans le sol.
Der Boden ist die zentrale Schaltstelle für alle wichtigen Stoff- und Energieflüsse auf der Erde. Das Bodenleben ist dabei der Motor der vielfältigen und unersetzlichen Funktionen des Bodens im Naturhaushalt. Doch wie steht es um die Artenvielfalt in der Black-Box Boden? Für die ganz kleinen Organismen wie Bakterien, Viren, Archaeen, Pilze und Einzeller hatte noch niemand eine Schätzung der Vielfalt versucht. Dabei sind gerade sie entscheidend für das Rezyklieren von Nährstoffen im Boden und für die Kohlenstoffspeicherung, sowie wichtig als Krankheitserreger und Partner der Bäume.
Wissenschaftler aus der Schweiz haben erstmals eine Schätzung der globalen Artenvielfalt der Böden vorgenommen. Sie durchsuchten dafür die bestehende Fachliteratur und werteten bestehende Datensätze über die in Böden bestimmten Arten erneut aus.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass 59% (±15%) aller Arten auf der Erde im Boden leben dürften. Dies ist mehr als doppelt so hoch wie frühere Schätzungen über den Artenreichtum des Bodens. Da die Datenlage zur Bodenvielfalt äusserst lückenhaft ist – insbesondere im globalen Süden –, weisen die Schätzungen der Studie teilweise grosse Bandbreiten auf. Bei Bakterien zum Beispiel liegt der Mittelwert bei 40 Prozent im Boden lebender Arten – die Spanne reicht aber von 25 bis 88 Prozent. Auch bei Viren, die hauptsächlich als menschliche Krankheitserreger erforscht werden, sind die Unsicherheiten enorm. Entsprechend wappnen sich die Autoren für einige Kritik an ihren Methoden und Schlussfolgerungen.
Ihre Arbeit sei ein erster, aber wichtiger Versuch abzuschätzen, welcher Anteil der globalen Artenvielfalt im Boden lebt, schreiben die Forscher. Ziel ist es, die Basis für dringend notwendige Entscheidungen zum Schutz der Böden und ihrer Lebewesen weltweit zu liefern. Die Böden stehen enorm unter Druck, sei es durch landwirtschaftliche Intensivierung, den Klimawandel, invasive Arten und vieles mehr.
Quelle: WSL
Keywords:
Boden, Bodenleben, Ökosystemfunktionen, Artenvielfalt, Landwirtschaft
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Anthony M.A., Bender F.S., van der Heijden M.G.A. (2023). Enumerating soil biodiversity. PNAS. https://doi.org/10.1073/pnas.2304663120.
Link zur Studie (eingeschränkter Zugang)
Kontaktadresse:
Mark Anthony
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf
mark.anthony@wsl.ch
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