24.8.2023: Forschung CH

Wo die Gebirgsbäche auch in Zukunft noch kalt sind

Là où les rivières de montagne seront encore froides à l’avenir



Martin A. Wilkes et al.

Weil sich die Gewässer in den Berggebieten zunehmend erwärmen, müssen wirbellose Tierarten in höhere Lagen wandern. Die heute oftmals von Gletschern bedeckten potenziellen Refugien für diese Kaltwasser-Lebewesen konnten nun für den ganzen europäischen Alpenraum identifiziert werden. Dies ermöglicht es, vorausschauend Regionen besser zu schützen, die diesen Arten ein Überleben sichern.

Comme les eaux se réchauffent de plus en plus, les espèces d’invertébrés doivent migrer toujours plus en altitude. Les refuges potentiels pour ces créatures vivant dans les eaux froides, souvent recouverts par les glaciers de nos jours, ont désormais pu être identifiés pour l’ensemble de l’espace alpin. Cela permet d’anticiper et de mieux protéger les régions qui assurent la survie de ces espèces.


Alpine Regionen sind vom Klimawandel besonders betroffen – sie wärmen sich schneller auf als der globale Durchschnitt. Das schadet insbesondere den dort vorkommenden kälteangepassten Lebewesen, die aufgrund geografischer Barrieren nur bedingt die Möglichkeit haben, in andere Regionen zu migrieren. Vor allem Wasser-Lebewesen stellt das vor grosse Herausforderungen. An kaltes Wasser angepasst, bleibt ihnen nur die Flucht «nach oben».
Forschende haben nun eine Methode entwickelt, mit der die zukünftigen, heute oftmals noch vergletscherten Lebensräume identifiziert werden können, um frühzeitig entsprechende Schutzmassnahmen zu ergreifen. Sie nutzten dazu die Hochrechnungen des «Global Glacier Evolution Model», welches die Verbreitung und den Rückzug bestehender Gletscher in den kommenden Jahren voraussagt. In Kombination mit Temperatur-Prognosen konnte das Team zudem modellieren, wie sich die bestehenden Gewässer und die angestammten Lebensräume von insgesamt 15 wirbellosen Tierarten entwickeln und wo sie in Zukunft die für sie gewohnten Bedingungen vorfinden werden. Die Studie umfasst den europäischen Alpenraum und die Zeit bis ins Jahr 2100.
Da es für die alpinen Flussbewohner oftmals nicht möglich ist, in ein anderes Gewässersystem zu wechseln, ziehen die Forschenden auch die Unterstützung von Menschen in Betracht, welche ganze Populationen zur gegebenen Zeit in neue Gebiete umsiedeln – sofern diese denn entsprechend geschützt sind. Derzeit sind nur 12 % der Gebiete, die sich im Jahre 2100 für Kaltwasser-Wirbellose eignen, geschützt. Die Forschenden befürchten, dass jene Regionen, die die Gletscher freigegeben, einseitig für Freizeitaktivitäten oder für die Wasserkraft genutzt werden könnten, sobald sie zugänglich sind.

Quelle: eawag

Keywords:
Klimawandel, Gletscher, Makroinvertebraten, Gewässer, Insekten

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Wilkes M.A. et al. (2023): Glacier retreat reorganizes river habitats leaving refugia for Alpine invertebrate biodiversity poorly protected. Nature Ecology & Evolution 7, 841-851.


Link zur Studie (eingeschränkter Zugang)

Kontaktadresse:
Christopher Robinson
Eawag
Überlandstrasse 133
CH-8600 Dübendorf
christopher.robinson@eawag.ch
Tel: +41 (0)58 765 53 17


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