24.5.2023: Forschung CH
Die Fischvielfalt der Schweizer Fliessgewässer
La diversité des poissons dans les cours d’eau suisses
Jakob Brodersen, Johannes Hellmann und Ole Seehausen
Eine grossangelegte Bestandesaufnahme der Fischbiodiversität in Schweizer Fliessgewässern hat über 50 Taxa erfasst. Im Rahmen des «Progetto Fiumi» konnte eine landesweite Referenzsammlung von Fischdaten und -proben sowie von Umweltdaten und -proben erstellt werden.
Un inventaire de grande envergure de la diversité de poissons des cours d’eau suisses a permis de recenser plus de 50 espèces. Dans le cadre du «Progetto Fiumi», une collection de référence de données et d’échantillons relatives aux poissons et à l’environnement a pu être établie dans tout le pays.
Während fünf Jahren haben Wissenschaftler vom Wasserfoschungsinstitut Eawag mit Hilfe von Fischereiaufseherinnen, Fischpächtern, Mitarbeitenden von Ökobüros und Freiwilligen an 324 Standorten vom Flachland bis auf über 2200 m ü. M. Flüsse und Bäche in der Schweiz befischt. Mehr als 20‘000 Fische von über 50 Taxa wurden gefangen, 12‘000 DNA-Proben und über 5000 Schuppenproben wurden für weiterführende Untersuchungen archiviert. Sämtliche erhobenen Daten sind in einer frei zugänglichen Referenzdatenbank gespeichert. Dadurch ist eine Übersicht über einen Grossteil der Fischvielfalt in Schweizer Fliessgewässern entstanden.
In vielen Gewässerabschnitten fanden die Forschenden nur wenige Arten, an 158 Standorten sogar nur eine, wobei es sich meistens um die Atlantische Bachforelle handelte. Nur 16 Standorte waren mit zehn Arten und mehr sehr artenreich. Diese Abschnitte finden sich zumeist an den grösseren Flüssen im Mittelland unweit von Seen. Die grösste Artenzahl wurde in einer Flussstauhaltung gefunden. Daraus sollte nicht geschlossen werden, dass die Lebensräume in gestauten Flüssen für die Fischdiversität besonders wertvoll sind, denn die dort vorkommenden Arten sind in Seen häufig. Bedrohte Arten, wie Äschen oder Nasen, die grössere zusammenhängende Flusshabitate mit stärkerer Strömung benötigten, sind untervertreten oder fehlten ganz.
Die Ergebnisse zeigen, wie stark die in der Schweiz bekannten Forellenarten unter Druck stehen – und bestätigen damit die Aussagen in der Roten Liste der Fische und Rundmäuler. Einzige Ausnahme ist die Atlantische Bachforelle. Ursprünglich nur im Aare/Rhein- sowie im Genfersee-Einzugsgebiet heimisch, ist sie heute in der ganzen Schweiz verbreitet. Die Norditalienische Bachforelle ist hingegen vom Aussterben bedroht. Während die gefundenen Forellenarten schon bekannt waren, haben die Forschenden in anderen Gattungen wie bei den Groppen, Schmerlen und Elritzen mehr Arten gefunden, als sie erwartet haben. Deren exakte Klassifizierung wird allerdings noch Zeit in Anspruch nehmen.
Quelle: Eawag
Keywords:
Fischbiodiversität, Bäche und Flüsse, Bestandesaufnahme, Progetto Fiumi
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Brodersen J., Hellmann J., Seehausen, O. (2023): Erhebung der Fischbiodiversität in Schweizer Fliessgewässern. Progetto Fiumi Schlussbericht, Eawag, 356 S.
Zur Studie (freier Zugang)
Kontaktadresse:
Jakob Brodersen
Eawag
Überlandstrasse 133
CH-8600 Dübendorf
jakob.brodersen@eawag.ch
Tel: +41 (0)58 765 22 04
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