30.3.2023: Forschung CH

Zunahme von wärmeliebenden und pestizid-toleranten Insekten in Schweizer Flüssen

Augmentation des insectes thermophiles et tolérants aux pesticides dans les rivières suisses



Friederike Gebert, Kurt Bollmann, Nele Schuwirth

Nationale und kantonale Monitoringdaten zu Makroinvertebraten in Schweizer Flüssen zeigen, dass die Vielfalt der erfassten aquatischen Insekten in den letzten Jahrzehnten stabil ist oder sogar zunimmt. Besonders wärmeliebende Arten und pestizid-tolerante Invertebratenfamilien sind für die positiven Trends verantwortlich; kälteangepasste Arten weisen stabile Trends auf. Mögliche Ursachen dieser Trends sind der Klimawandel sowie eine verbesserte Gewässerqualität.

Les données de monitoring nationaux et cantonaux sur les macro-invertébrés dans les rivières suisses montrent que la diversité des insectes aquatiques recensés est stable ou même en augmentation au cours des dernières décennies. Les espèces thermophiles et les familles d'invertébrés tolérantes aux pesticides sont particulièrement responsables des tendances positives ; les espèces adaptées au froid présentent des tendances stables. Les causes possibles de ces tendances sont le changement climatique et l'amélioration de la qualité des eaux.


Im Zusammenhang mit den Diskussionen um den Rückgang der Insektenbestände sind längere Datenreihen besonders aufschlussreich. Dank den nationalen und kantonalen Monitoringprogrammen liegen solche Daten für Makroinvertebraten aus Schweizer Flüssen vor. Die nationalen Daten stammen vom Biodiversitätsmonitoring Schweiz (BDM) (Zeitraum 2010 bis 2019) und von der Nationalen Beobachtung Oberflächengewässerqualität (NAWA) (Zeitraum 2011 bis 2019). Auf regionaler Ebene liegen Daten aus elf Kantonen vor, die mehrheitlich weiter zurückreichen (im Jura bis ins Jahr 1977).
Die Resultate zeigen ein weitgehend einheitliches Bild: Bis auf wenige Ausnahmen war die Anzahl der Makroinvertebraten-Familien pro Probenahmestelle über die Zeit stabil oder nahm sogar zu. Auf nationaler Ebene nahmen wärmeangepasste Arten in der montanen, subalpinen und alpinen Zone zu, während kälteangepasste Arten in allen Höhenlagen stabile Trends aufwiesen. Häufige Nahrungsgilden und pestizid-tolerante Taxa zeigten im Landesdurchschnitt steigende Trends, während sich seltenere Nahrungsgilden und pestizid-empfindliche Taxa über die Zeit nicht veränderten. Auf regionaler Ebene nahm die Anzahl an Makroinvertebraten-Familien in neun der elf Kantone über die Zeit zu. Die steigenden Temperaturen und die Verbesserung der Wasserqualität seit den späten 1970er-Jahren dürften die Gründe für die Zunahme der Makroinvertebraten auf Familien- und Artniveau sein.
Um herauszufinden, welche Wirkungen diese Veränderungen auf die Lebensgemeinschaft der Makroinvertebraten und die Biodiversität der Gewässer haben, sind Untersuchungen über längere Zeiträume notwendig.

Quelle: Eidg. Forschungsanstalt WSL und Eawag

Keywords:
Aquatische Insekten, Insektensterben, Klimawandel, Pestizide, Monitoring

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Gebert F. et al. (2022): Recent trends in stream macroinvertebrates: warm-adapted and pesticide-tolerant taxa increase in richness. Biology Letters 18(3). https://doi.org/10.1098/rsbl.2021.0513

Gebert F. et al. (2022): Zeitliche Trends von Makroinvertebraten. Kantonale und nationale Monitoringdaten im Vergleich. Aqua & Gas 102(10), 76-82.

https://royalsocietypublishing.org/doi/full/10.1098/rsbl.2021.0513
https://www.dora.lib4ri.ch/wsl/islandora/object/wsl%3A31794/datastream/PDF/Gebert-2022-Zeitliche_Trends_von_Makroinvertebraten._Kantonale-%28published_version%29.pdf

Kontaktadresse:
Kurt Bollmann
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf
kurt.bollmann@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 24 11


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