29.3.2023: Forschung international

Windräder in Wäldern beeinträchtigen bedrohte Fledermausart

Les turbines éoliennes en forêt perturbent une espèce menacée de chauve-souris



Christine Reusch et al.

Um Klimaschutzziele zu erreichen, rücken auch Wälder als Standorte für Windkraftanlagen in den Fokus. Windenergieerzeugung in Wäldern kann mit erheblichen Nachteilen für bedrohte Fledermausarten verbunden sein: Grosse Abendsegler haben ein hohes Kollisionsrisiko und sind vermehrt an Windkraftanlagen in Wäldern anzutreffen, wenn diese in der Nähe von ihren Quartieren stehen. Abseits der Quartiere meiden Grosse Abendsegler die Anlagen, was zu einem Lebensraumverlust für diese Art führt.

Afin d’atteindre les objectifs climatiques, les forêts sont de plus en plus prises en compte pour les sites d’implantation d’éoliennes. La production d’énergie éolienne dans les forêts peut entraîner des conséquences graves pour des espèces de chauves-souris menacées : les noctules communes ont un risque de collision élevé et sont plus susceptibles de s’approcher des éoliennes en forêt quand elles se trouvent à proximité de leur gîte. Les noctules communes évitent les grandes installations plus éloignées de leurs gîtes, ce qui entraîne une perte d’habitat pour cette espèce.


Die Windenergieproduktion ist ein wichtiges Standbein für die Energiewende und leistet einen erheblichen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Mehr als acht Prozent der Windkraftanlagen in Deutschland befinden sich bereits in Wäldern. Ihr Anteil soll in den nächsten Jahren deutlich zunehmen, weil geeignete Standorte in der offenen Fläche rar werden. In Wäldern kommt allerdings eine Vielzahl von Fledermausarten vor, da es hier viele Baumquartiere und zudem viele geeignete Jagdlebensräume mit hohen Insektenvorkommen gibt. Darunter sind auch Arten wie der Grosse Abendsegler (Nyctalus noctula), der in Deutschland am häufigsten an Windkraftanlagen zu Tode kommt. Laut dem Bundesamt für Naturschutz nehmen die Bestände dieser Art deutschlandweit ab. Es ist deshalb dringend geboten, die Interaktion der Fledermäuse mit den Windkraftanlagen im Wald genauer unter die Lupe zu nehmen.
Um die Interaktion von Fledermäusen mit Windkraftanlagen zu untersuchen, wurde mit Hilfe miniaturisierter GPS-Logger das Raumnutzungsverhalten von Grossen Abendseglern in Brandenburg aufgezeichnet. Diese Logger dokumentierten die Flugpfade von 60 Grossen Abendseglern mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung über 1-2 Nächte, bevor die Logger selbständig wieder vom Tier abfielen. Dabei zeigte sich, dass Grosse Abendsegler besonders dann mit hoher Wahrscheinlichkeit Windkraftanlagen anflogen, wenn diese in der Nähe von Fledermausquartieren standen. Fledermäuse nutzen exponierte Strukturen oftmals als sozialen Treffpunkt. Vermutlich fliegen sie deshalb vermehrt Windkraftanlagen über den Baumkronen an, wenn die Anlagen in der Nähe von Quartieren stehen. Dies birgt ein hohes Risiko für die Tiere, mit den Rotorblättern zu kollidieren.
Die Forschenden stellten auch fest, dass die Grossen Abendsegler weiter entfernt von den Baumquartieren die Windkraftanlagen mieden. Hierzu führten sie eine Datenanalyse durch, in der alle Ortungen in der Nähe von Quartieren unberücksichtigt blieben. Diese Analyse ergab, dass Fledermäuse abseits von Quartieren Windkraftanlagen meiden. Durch das Meidungsverhalten verlieren Grosse Abendsegler wichtige Jagdlebensräume. Die Forschenden empfehlen daher, Windkraftanlagen erstens nicht in Wäldern aufzustellen und zweitens besonders achtsam zu sein, falls es keine Alternativen gibt. Es sollte ein Mindestabstand von 500 m zwischen Windkraftanlagen und bekannten Fledermausquartieren in den Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden; der Lebensraumverlust in der Nähe der Windkraftanlagen sollte zudem an anderer Stelle durch extensive Waldbewirtschaftung kompensiert werden.

Quelle: www.izw-berlin.de

Keywords:
Erneuerbare Energien, Windkraft, Fledermäuse, Wald

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Reusch, C. et al. (2023). Wind energy production in forests conflicts with tree-roosting bats. Current Biology. doi.org/10.1016/j.cub.2022.12.050.

Link zur Publikation (freier Zugang)

Kontaktadresse:
PD Dr. Christian Voigt
Abteilung für Evolutionäre Ökologie
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17
10315 Berlin, Deutschland

voigt@izw-berlin.de
Tel: +49(0)30 5168 511


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