27.6.2005: Forschung international

Rätsel um Artenvielfalt im Sambesi gelöst




Domino A. Joyce et al.

Die Vielfalt an Buntbarsch-Arten ist in den Flüssen des südlichen Afrikas nur deshalb so gross, weil die Evolution über eine gewisse Zeitspanne in einem heute nicht mehr existierenden See besonders günstige Bedingungen geschaffen hat. Das hat die Abteilung für Fischökologie und Evolution der Eawag nachgewiesen und damit gezeigt, wie lokal und zeitlich begrenzte evolutionäre Entwicklungen grosse Auswirkungen auf eine ganze Region haben können.


Eine internationale Forschergruppe rund um die Eawag-Forschenden Ole Seehausen und Domino Joyce hat Erstaunliches entdeckt über die Fischfauna im südlichen Afrika. Sie lösten das Rätsel, warum die Artenvielfalt an Cichliden (Buntbarsche) in den Flüssen des südlichen Afrikas derart hoch ist,
während sie in den übrigen Stromsystemen des Kontinents viel geringer ist. Die Antwort liefert ein grosser See, der vor mehr als 2000 Jahren ausgetrocknet ist. In diesem «Paleo-Makgadikgadi-See» hat die Evolution eine erstaunliche Vielfalt an Fischarten hervorgebracht, ein Teil von der nun in den Flüssen Kongo, Zambezi, Okavango, Cunene und Limpopo weiter besteht.

Wie Ole Seehausen von der Eawag berichtet, bieten die Seen Afrikas den Fischen günstige Bedingungen, um ganz verschiedene Lebensweisen zu entwickeln – vom Raubfisch, der von anderen Fischen lebt, bis zu Fischen, die sich auf das Abweiden von Algen spezialisiert haben. So sind etwa der Viktoria- oder der Malawisee bekannt für ihren Reichtum von über 800 unterschiedlich spezialisierten Buntbarsch-Arten der Gruppe der Haplochrominen. Dass diese enorme Vielfalt aber auch in Flusssystemen vorhanden ist, erstaunt sehr, denn im grössten Teil Afrikas leben in den Flüssen nur wenige und morphologisch nicht sehr variable Haplochrominen-Arten.

Das Zentrum des ausgetrockneten Sees – mit einer Fläche von rund 60'000 km2 grösser als die Schweiz – liegt nördlich der Kalahari-Wüste. Entstanden ist er vor rund 400'000 Jahren. Während der letzten Eiszeit (vor rund 18'000 Jahren) ist er vermutlich nahezu trocken gefallen. Später erreichte er aber Tiefen von über 50 m. Vor rund 2000 Jahren sind aus dem Makgadikgadi-See dann die jährlichen Lagunen des Okavango Deltas geworden und, mehr im Süden, die Makgadikgadi Salzpfanne.

Die Entdeckung zeigt, wie in kurzer Zeit, unter besonderen Bedingungen, lokal sehr begrenzt ablaufende Evolutionsprozesse die Biodiversität auf einem ganzen Kontinent stark und anhaltend beeinflussen können.

Keywords:
Sambesi, Buntbarsche, Fischökologie, Evolution

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Joyce, D.A. et al. (2005): An extant cichlid fish radiation emerged in an extinct Pleistocene lake. Nature 435, S. 90-95

Fachartikel in Nature

Kontaktadresse:
Ole Seehausen, Leiter der Abteilung Fischökologie und Evolution an der Eawag
ole.seehausen@eawag.ch
Tel: +41 (0)41 349 21 21


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