23.3.2022: Forschung CH
Bartgeier und Windräder: Wo Konflikte wahrscheinlich sind
Gypaète barbu et éoliennes: là où des conflits sont probables
Sergio Vignali et al.
Für den Segelflug sind Bartgeier auf Gebiete mit konstanten Windverhältnissen angewiesen. Dies könnte unterhalb von 200 m über dem Boden zu Konflikten mit zukünftigen Windanlagen führen. Solche potenziellen Konfliktgebiete erstrecken sich über etwa einen Drittel der Schweizer Alpen.
Pour le vol plané, les gypaètes barbus dépendent de régions où les conditions de vent sont constantes. Cela peut mener à des conflits avec de futures éoliennes dans la zone située entre le sol et 200 m au-dessus. De telles régions de conflits potentiels s’étendent sur environ un tiers des Alpes suisses.
(SIS) Windenergieanlagen können Lebensräume von Arten beeinträchtigen oder zerstören und zu Kollisionen mit fliegenden Tieren führen. Windenergie und grosse Vögel, die viel segeln (z.B. Greifvögel), sind beide auf konstante Windverhältnisse angewiesen. Daher besteht die Gefahr, dass besonders solche Vogelarten mit den Rotorblättern von Windkraftanlagen kollidieren.
Um potenzielle Konfliktgebiete mit zukünftigen Windkraftanlagen in den Schweizer Alpen vorherzusagen, wurde die Nutzung des Schweizer Luftraums durch Bartgeier anhand der Standorte von GPS-gekennzeichneten Vögeln modelliert. Dies erlaubte es, die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, mit der Bartgeier unterhalb oder auf Höhe der Rotoren von Windturbinen fliegen. Das Modell berücksichtigt Wind- und Umweltbedingungen einschliesslich des Nahrungsangebots.
Die Ergebnisse: 74% Prozent der GPS-Positionen wurden in einer Höhe von weniger als 200 m über dem Boden erfasst, d. h. in einem Bereich, in dem es bei Vorhandensein von Windkraftanlagen zu Kollisionen kommen könnte. Die Flugaktivität mit potenziellem Kollisionsrisiko konzentriert sich auf südexponierte Berghänge, insbesondere in Gebieten, in denen besonders viele Steinbockkadaver vorkommen. Die kritischen Gebiete erstecken sich über etwa einen Drittel der Schweizer Alpen.
Die Studie liefert ein räumlich explizites Entscheidungsinstrument, das Behörden und Energieunternehmen bei der Planung von Windparks helfen kann, das Risiko für bestimmte alpine Wildtiere zu verringern. Ein analoges Vorgehen könnte auch für andere grosse Vogelarten angewendet werden. Die Autoren und Autorinnen betonen ausdrücklich, dass ihr Modell zwar die räumliche Planung von Windenergieanlagen unterstützen kann, aber keinesfalls eine sorgfältige Umweltverträglichkeitsprüfung ersetzt, welche die Voraussetzung für die Entwicklung von konkreten Infrastrukturprojekten ist.
Keywords:
Windkraft, Vögel, Bartgeier, Konflikte, Alpen
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Vignali S. et al. (2022). A predictive flight-altitude model for avoiding future conflicts between an emblematic raptor and wind energy development in the Swiss Alps. Royal Society open science, 9(2), 211041. DOI: 10.1098/rsos.211041
Link zur Studie (freier Zugang)
Kontaktadresse:
Conservation Biology
Universität Bern
Sergio Vignali
Erlachstrasse 9a
Mittlerer Trackt
CH-3012 Bern
sergio.vignali@iee.unibe.ch
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