23.3.2022: Forschung CH
Wärme- und stickstoffliebende Pflanzenarten sind auf dem Vormarsch
Espèces végétales thermophiles et nitrophiles en pleine expansion
Daniel Scherrer et al.
Zwischen 1930 und 2017 haben sich im Kanton Zürich zahlreiche Neophyten etabliert und ausgebreitet. Sie stammen aus Regionen, die wärmer und trockener sind als der Kanton. Die einheimische Flora zeigte dagegen eine starke Abnahme von Arten der Feuchtgebiete, Magerwiesen und Gebirge. Dies zeigen Vergleiche von historischen und aktuellen Vegetationsdaten in Kombination mit den ökologischen Zeigerwerten der jeweils beobachteten Pflanzenarten. Die festgestellte Thermophilisierung und Eutrophierung der Flora sind das Resultat einer Kombination von Landnutzungs- und Klimaveränderungen im 20. Jahrhundert.
Entre 1930 et 2017, de nombreuses plantes néophytes se sont établies et se sont disséminées dans le canton de Zurich. Elles proviennent des régions les plus chaudes et les plus sèches du canton. La flore indigène en revanche a connu un fort recul pour les espèces des zones humides, prairies maigres et montagnes. C’est ce que montrent des comparaisons entre des données de végétations historiques et actuelles, associées à des valeurs indicatrices écologiques de chaque espèce végétale observée. La thermophilisation et l’eutrophisation constatées de la flore résultent de la combinaison des changements d’utilisation du sol et du climat au 20e siècle.
In den vergangenen 100 Jahren haben anthropogene Einflüsse wie Klimawandel, Urbanisation und Intensivierung der Landwirtschaft die Verbreitung und Häufigkeiten von Arten stark beeinflusst. Eine Quantifizierung der Artverschiebungen und deren anthropogenen Treiber über grössere Gebiete ist aus Mangel an historischen Daten aber oft schwierig.
Mit Hilfe historischer (1900-1930) und heutiger (2000-2017) Vegetationsdaten in Kombination mit ökologischen Zeigerwerten für Gefässpflanzen wurde der Wandel der Flora des Kanton Zürich analysiert. Basierend auf den ökologischen Zeigerwerten für Temperatur, Feuchtigkeit und Nährstoffe wurde die Umweltpräferenz von Neophyten (in der Schweiz nach 1492 etabliert) und einheimischen Pflanzenarten basierend auf 244 Quadraten von je 3x3 km2 quantifiziert. Mit den Veränderungen der Arthäufigkeiten vom historischen zum heutigen Arteninventar war auch eine Verschiebung der ökologischen Zeigerwerte verbunden.
Neu hinzugekommene und sich ausbreitende Neophyten weisen auf eine Thermophilisierung und Eutrophierung der Zürcher Flora hin. Der durchschnittliche Unterschied zwischen den ökologischen Zeigerwerten von Neophyten und den einheimischen Pflanzen entspricht etwa 2 °C. Dieser Wert entspricht sowohl dem Unterschied in den globalen Verbreitungsschwerpunkten der beiden Artengruppen (1.78 °C), als auch der gemessenen Erwärmung in Zürich seit 1850.
Die beobachteten Veränderungen der Zürcher Flora sind insgesamt betrachtet das Resultat von Landnutzungs- und Klimaveränderung. Erhöhte Mobilität, Denaturierung von Habitaten und Klimawandel haben die Etablierung und Ausbreitung von Neophyten aus wärmeren und trockeneren Regionen stark begünstigt. Gleichzeitig haben Feuchtgebietsarten als Folge der Drainage von Riedwiesen sowie Gebirgs- und Magerwiesenarten infolge Intensivierung der Landwirtschaft, atmosphärischem Stickstoffeintrag und Einwaldung (Beschattung) stark abgenommen.
Quelle: WSL
Keywords:
Neophyten, ökologische Zeigerwerte, Klimawandel
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Scherrer D. et al. (2022): Abundance changes of neophytes and native species indicate a thermophilisation and eutrophisation of the Swiss flora during the 20th century. Ecological Indicators 135: 108558. DOI: 10.1016/j.ecolind.2022.108558
Link zur Studie (freier Zugang)
Kontaktadresse:
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
Daniel Scherrer
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmendorf
daniel.scherrer@wsl.ch
Tel: +41 (0) 44 739 29 37
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