21.6.2005: Forschung international

Schutzgebiete: Die indigene Bevölkerung einbeziehen




Reiner Buergin

Im Thung Yai Naresuan Wildschutzgebiet und Weltnaturerbe in Thailand besteht ein Konflikt zwischen staatlichen Akteuren und lokalen Bevölkerungsgruppen der ethnischen Minderheit der Karen. Eine Untersuchung hat nun aber gezeigt, dass die Anerkennung der traditionellen Siedlungs- und Nutzungsrechte der Karen sowie ihre Beteiligung am Management des Schutzgebiets ein wichtiges Potenzial für den Biodiversitätsschutz in Thung Yai sein könnte.


Die Einrichtung von Schutzgebieten ist international ein zentraler Ansatz für den Biodiversitätsschutz. Der klassische Schutzgebietsansatz zielte auf die Entfernung von Menschen aus Gebieten, die primär dem Schutz der Natur dienen sollen. Seit den 1980er Jahren dominieren auf internationaler Ebene utilitätsorientierte partizipative Ansätze, die Interessen und Rechte lokaler Bevölkerungen berücksichtigen. Die Praxis der Einrichtung und des Managements von Schutzgebieten ist aber häufig weit entfernt von den Standards dieses revidierten Schutzgebietskonzepts. Darüber hinaus stösst der globalistische utilitätsorientierte Managementansatz seit den 1990er Jahren auf die Kritik lokalistischer Gegenpositionen. Diese stellen Strategien lokaler Ressourcenkontrolle und kultureller Selbstbestimmung in den Mittelpunkt alternativer Ansätze für den Biodiversitätsschutz.
Vor diesem Hintergrund untersucht die Studie Konflikte um Gemeinschaften der ethnischen Minderheit der Karen im 1974 eingerichteten Thung Yai Naresuan Wildlife Sanctuary im Westen Thailands, das 1991 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Karen siedeln dort seit mindestens 200 Jahren. In einem zyklischen Schwendbausystem bauen sie primär Reis für den Subsistenzbedarf an. Umsiedlungen erfolgten seit der Einrichtung des Schutzgebiets. Mit der Erklärung zum Weltnaturerbe wurden die verbliebenen Gemeinschaften zum Politikum. Die Forstverwaltung schränkt das traditionelle Wald- und Landnutzungssystem der Karen ein und versucht, ihre Umsiedlung durchzusetzen. In Thailand und auf internationaler Ebene dient Thung Yai aber auch als Beispiel dafür, dass Waldschutz und Waldnutzung durch lokale Bevölkerungen durchaus miteinander vereinbar sind.
Die Untersuchung interessiert sich sowohl für Prozesse lokalen Wandels in den Gemeinschaften in Thung Yai als auch für die politischen Auseinandersetzungen um die Siedlungen. Die Ergebnisse der Untersuchung sprechen für die Anerkennung der traditionellen Siedlungs- und Nutzungsrechte der Karen in Thung Yai. Ihre Integration in das Konzept des Schutzgebiets und ihre Beteiligung am Management des Weltnaturerbes werden als wichtiges Potenzial für den Schutz der Ressourcen und Biodiversität des Gebiets verstanden. Hinsichtlich des problematischen Zusammenhangs von Biodiversitätsschutz, Modernisierung und kultureller Diversität vertritt die Studie einen Kulturschutzansatz, in dessen Mittelpunkt der selbstbestimmte Wandel sozialer Gruppierungen steht.

Keywords:
Weltnaturerbe, ethnische Minderheiten, indigene Rechte

Art der Publikation:
Dissertation

Literatur:
Buergin, R. (2004): Umweltverhältnisse jenseits von Tradition und Moderne: Die Karen im Thung Yai Naresuan Weltnaturerbe in Thailand im Spannungsfeld nationaler Modernisierung und globaler Umweltdiskurse. Stuttgart: ibidem-Verlag. Dissertation am Institut für Ethnologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/1754/



Kontaktadresse:
Reiner Buergin, Working Group Socio-Economics of Forest Use in the Tropics and Subtropics, Tennenbacherstr. 4 (Herderbau), D-79085 Freiburg

reiner.buergin@uni-freiburg.de


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