3.11.2021: Forschung CH

Artenreiche Saatgutmischungen müssen günstiger werden

Les mélanges de semences riches en espèces doivent devenir moins chers



Sergei Schaub et al.

Ein Vergleich von 262 kommerziell erhältlichen Saatgutmischungen für landwirtschaftlich genutztes Grasland hat gezeigt, dass artenreiche Produkte deutlich teurer sind, besonders wenn sie einheimische Ökotypen enthalten. Die Senkung der Kosten für artenreiche Saatgutmischungen könnte zu einer Erhöhung der Artenvielfalt im Grasland beitragen.

Une comparaison de 262 mélanges, disponibles dans le commerce, de semences pour les herbages agricoles a montré que les produits riches en espèces coûtent nettement plus chers, en particulier lorsqu’ils contiennent des écotypes indigènes. Réduire les coûts de ces mélanges de semences pourrait contribuer à une augmentation de la biodiversité dans les herbages.


Eine höhere Pflanzenvielfalt im Grünland wirkt sich positiv auf den Ertrag und die Stabilität sowie auf andere Ökosystemleistungen aus (z.B. Bestäubung, ästhetische Aspekte). Mit der Verwendung von artenreichen Saatgutmischungen kann die Artenvielfalt im landwirtschaftlich genutzten Grasland gefördert werden.
Dabei stellt sich die Frage, wie tief Landwirte in die Tasche greifen müssen, um sich artenreiches Saatgut anzuschaffen. Forschende haben nun den Zusammenhang zwischen der Artenvielfalt und den Preisen von Saatgutmischungen untersucht. Dafür wurden 262 kommerziell erhältliche Mischungen einbezogen, die in der Schweiz und in Deutschland in sechs Online-Shops angeboten werden. Neben der Beziehung Artenvielfalt-Preis wurde auch die Beziehung zwischen Preisen und anderen Eigenschaften der Saatgutmischungen betrachtet, wie zum Beispiel die Zusammensetzung der Mischungen und die Verwendung von einheimischen Ökotypen (d.h. Eignung für Renaturierungszwecke).
Die Ergebnisse zeigen, dass die am häufigsten angebotenen Saatgutmischungen 1 bis 10 Arten enthielten und für eine eher intensive Graslandbewirtschaftung konzipiert waren. Diese Mischungen setzten sich in erster Linie aus Gräsern und Leguminosen zusammen, während andere Kräuter sehr selten vorhanden waren. Saatgutmischungen mit besonders hoher Artenvielfalt (mehr als 30 Arten), welche in der Regel aus einheimischen Ökotypen zusammengesetzt waren, wurden nur wenige angeboten.
Saatgutmischungen mit höherer Artenanzahl waren deutlich teurer als diejenigen mit wenigen Arten. So war eine Saatgutmischung mit 10 Arten im Durchschnitt 63 % und mit 30 Arten 387 % teurer als Saatgut mit nur einer Art. Die Beziehung zwischen der Artenvielfalt und dem Preis der Saatgutmischungen hing zudem von verschiedenen Eigenschaften der Saatgutmischungen ab, wobei die Herkunft der Samen (d.h., einheimische Ökotypen vs. landwirtschaftliche Züchtungen) für den Preis besonders relevant war. Saatgutmischungen, die nur einheimische Ökotypen enthielten, waren 75% teurer als solche, die Züchtungen enthielten (Preise pro ha).
Diese Situation auf dem Markt führt dazu, dass die aktive Förderung der Biodiversität (im Sinne einer Erhöhung oder Aufrechterhaltung der Artenvielfalt an Pflanzen im Grasland) mittels artenreicherer Saatgutmischungen zusätzliche Kosten verursacht. Die hohen Kosten können sogar die Umsetzung von landwirtschaftlichen Praktiken im Zusammenhang mit bestimmten Agrarumweltmassnahmen verhindern. Die Senkung der Kosten für artenreiche Saatgutmischungen wäre demnach eine wirksame Massnahme, um die Zunahme der Artenvielfalt im Grasland zu unterstützen. Dies erfordert jedoch erhebliche Anstrengungen, etwa die Förderung des Wettbewerbs zwischen den Saatgutanbietern, die Forschung zur Entwicklung kosteneffizienterer Produktions- und Betriebsverfahren oder die direkte oder indirekte finanzielle Förderung der Verwendung artenreicher Saatgutmischungen.

Quelle: agrarpolitik-blog.com

Keywords:
Landwirtschaft, Grasland, Artenförderung, Saatgut

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Schaub S. et al. (2021): The costs of diversity: higher prices for more diverse grassland seed mixtures. Environmental Research Letters, 16, 094011. https://doi.org/10.1088/1748-9326/ac1a9c

Link zur Studie (open access)

Kontaktadresse:
Robert Finger
Agricultural Economics and Policy Group
ETH Zürich
CH-8092 Zürich
rofinger@ethz.ch
Tel: +41 (0)44 632 53 91


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