29.9.2021: Forschung CH
Kirschessigfliege kann Waldökosystem verändern
La drosophile du cerisier peut modifier l’écosystème forestier
Irene Bühlmann et al.
Die Kirschessigfliege ist als Schädling im Obst- und Weinbau bekannt. Eine Untersuchung in den Kantonen Zug und Zürich zeigt nun, dass auch der Wald von diesem invasiven gebietsfremden Insekt beeinflusst wird. Der starke Befall von Wildfrüchten mindert die Nahrungsgrundlage vieler Tierarten und die Ausbreitung der betroffenen Pflanzenarten.
La drosophile du cerisier est un ravageur bien connu en arboriculture et en viticulture. Une étude dans les cantons de Zoug et de Zurich montre désormais que la forêt est également impactée par cet insecte exotique envahissant. Une attaque massive des fruits sauvages réduit les ressources alimentaires de nombreuses espèces animales et l’expansion des espèces végétales concernées.
Die aus Südost- und Ostasien stammende, etwa 2,5 bis 3,5 Millimeter grosse Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) wurde 2008 nach Europa eingeschleppt. Seither verursacht sie massive Ernteausfälle im Obst- und Weinbau und hat dadurch viel Aufmerksamkeit erlangt. Der Fokus der Forschung lag bisher auf der Landwirtschaft. Dies suggeriert, dass die Kirschessigfliege nur in landwirtschaftlichen Kulturen Schaden anrichten kann. Wie häufig die gebietsfremde Fliege in unseren Wäldern vorkommt, welche Früchte sie wie stark befällt und welche Auswirkungen dies auf das Waldökosystem hat, war bisher kaum bekannt. Deshalb haben die Kantone Zug und Zürich zusammen mit dem Ökobüro Biotopia und der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL ein entsprechendes Projekt durchgeführt.
Von Mitte Juni bis Mitte Oktober 2020 wurden an insgesamt 64 Stellen das Auftreten der Kirschessigfliege sowie die Schäden an Waldfrüchten erfasst. Insgesamt haben die Forschenden rund 12'000 Früchte auf Eiablagen der Kirschessigfliege geprüft. Von 39 untersuchten potenziellen Wirtspflanzenarten waren die Früchte von 31 Arten befallen. Bei Beerensammlerinnen und -sammlern beliebte Waldfrüchte wie Brombeeren, Heidelbeeren, Himbeeren oder Holunderfrüchte waren auch für die Kirschessigfliege besonders attraktiv.
Der Befall war bei manchen Waldpflanzen sehr stark: Bei 19 Pflanzenarten hatten die Fliegen in über 50% aller Früchte Eier gelegt. Die Auswirkungen sind bei vielen Arten massiv. So wurde beispielsweise beim Schwarzen Holunder eine Befallshäufigkeit von 83% festgestellt.
In Insektenfallen in den Untersuchungsgebieten waren bis zu 95% aller gefangenen Essigfliegen Kirschessigfliegen. Dies zeigt, wie häufig und extrem dominant die gebietsfremde Kirschessigfliege gegenüber einheimischen Fliegen ist.
Das weiträumige Massenvorkommen der gebietsfremden Fliege in den Wäldern führt also zu weitreichenden ökologischen Schäden im Wald. Die befallenen Früchte verrotten rasch und werden ungeniessbar. Angesichts der grossen Zahl von befallenen Beeren sind gravierende ökologische Folgen nicht auszuschliessen. Viele Tiere wie zum Beispiel Vögel sind auf Früchte als Nahrungsquelle angewiesen und spielen zudem eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung von fruchttragenden Pflanzen. Befallene Pflanzen erleiden deshalb einen erheblichen Nachteil für ihre Ausbreitung und ihr langfristiges Bestehen. Die genauen ökologischen Auswirkungen sind allerdings noch nicht abschliessend geklärt, ebenso wenig wie eine wirkungsvolle Bekämpfung der Fliege aussehen könnte.
Quelle: WSL
Keywords:
Invasive Arten, Kirschessigfliege Drosophila suzukii, Wald, Ökosystemschäden
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Bühlmann I. et al. (2021): Schadpotenzial der Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) im Wald. Wald und Holz (8/21), 19-22.
Link zur Studie (open access)
Kontaktadresse:
Irene Bühlmann
Ökobüro Biotopia
Baarerstrasse 117
CH-6300 Zug
irene.buehlmann@gmx.ch
Tel: +41 (0) 78 790 65 28
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