11.5.2021: Forschung CH

Künstliches Licht beeinflusst die Pflanzenbestäubung auch am Tag

La lumière artificielle agit aussi sur la pollinisation de jour des plantes



Simone Giavi, Colin Fontaine und Eva Knop

Die weltweite Zunahme von künstlicher Beleuchtung hat negative Konsequenzen für das Überleben und die Fortpflanzung von nachtaktiven Organismen und verändert so die Funktionsweise von Ökosystemen. Wichtige ökologische Prozesse wie die Bestäubung von Pflanzen durch nachtaktive Insekten werden durch künstliches Licht beeinträchtigt. Die Wirkung von Beleuchtungen beeinflusst aber auch indirekt die Blütenbesuche am Tag – was Folgen für den Ertrag landwirtschaftlicher Kulturen und die Fortpflanzung von Wildpflanzen haben könnte.

L’augmentation de l’éclairage artificiel à travers le monde a des conséquences négatives sur la survie et la reproduction d’organismes nocturnes et modifie ainsi le fonctionnement des écosystèmes. Des processus écologiques importants, comme la pollinisation des plantes par des insectes nocturnes, sont impactés par la lumière artificielle. Mais l’éclairage a aussi un effet indirect sur les visites des fleurs par les insectes durant la journée, ce qui pourrait avoir des conséquences sur le rendement des cultures agricoles et la reproduction des plantes sauvages.


Die weltweite Lichtverschmutzung hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Forschende haben nun in der Schweiz untersucht, wie Strassenlaternen die Anzahl der Blütenbesuche von Insekten am Tag und in der Nacht verändern. In einem Experiment wurden dazu natürliche Pflanzen-Bestäuber-Gemeinschaften auf sechs Naturwiesen in den Voralpen nachts mit kommerziellen Strassenlaternen beleuchtet. Sechs weitere Kontrollwiesen blieben dabei im Dunkeln. In der Analyse konzentrierte sich das Forschungsteam auf 21 natürlich vorkommende Pflanzenarten sowie auf die Insektengruppen der Zweiflügler, der Hautflügler und der Käfer.

Das künstliche Licht in der Nacht veränderte je nach Pflanzenart die Anzahl der Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen sogar während dem Tag. Es zeigte sich, dass drei Pflanzenarten (Einjähriges Berufskraut, Gewöhnlicher Arznei-Baldrian, Echtes Mädesüss) während des Tages signifikant weniger und eine weitere Art (Kohldistel) leicht weniger Bestäubungsbesuche erhielten. Die Wilde Möhre wurde dagegen viel mehr und die Pracht-Himbeere etwas mehr besucht. Auch die Aktivität der nachtaktiven Bestäuber bei künstlichem Licht war verschieden. So wurde beispielsweise der Wald-Storchschnabel in beleuchteten und dunklen Wiesen gleich häufig besucht, allerdings von unterschiedlichen Insekten. Während die Zweiflügler die Beleuchtung mieden, wurden die Käfer eher angezogen.

Die indirekten ökologischen Effekte der Lichtverschmutzung sind bislang wenig erforscht. Weil Insekten jedoch eine zentrale Rolle in der Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen spielen und auch unabhängig von künstlichem Licht durch die Zerstörung des Lebensraums und den Klimawandel bedroht sind, ist es den Forschenden zufolge wichtig, diese indirekten Mechanismen zu klären. Sie fordern, dass die ökologischen Folgen der Lichtverschmutzung stärker erforscht und Massnahmen entwickelt werden, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Die öffentliche Beleuchtung sollte in Kombination mit neuen Technologien sorgfältig geplant und auf ein Minimum reduziert werden.

Quelle: Universität Zürich

Keywords:
Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen, künstliche Beleuchtung, Lichtverschmutzung, Insekten

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Giavi S., Fontaine C., Knop E. (2021): Impact of artificial light at night on diurnal plant-pollinator interactions. Nature Communications. doi: 10.1038/s41467-021-22011-8


Link zur Studie (open access)

Kontaktadresse:
Dr. Eva Knop
Agroscope
Reckenholzstrasse 191
CH-8046 Zürich
eva.knop@agroscope.admin.ch
Tel: +41 (0)58 481 09 86


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