31.3.2021: Forschung CH

Klimawandel verändert Schweizer Seen

Le changement climatique modifie les lacs suisses



Carl Love Råman Vinnå et al.

Der Klimawandel beeinflusst die Wassertemperatur, die Eisbedeckung und die Durchmischung vieler Schweizer Seen. Vor allem Seen in mittleren Höhenlagen könnten ihre Eisbedeckung vollständig verlieren und würden sich dadurch nicht mehr zweimal im Jahr vollständig durchmischen. Das hätte fundamentale Auswirkungen auf die Seeökosysteme und ihre Biodiversität.

Le changement climatique influence la température de l’eau, la couverture de glace et le brassage de nombreux lacs suisse. Surtout les lacs de moyenne altitude pourraient perdre totalement leur couverture de glace et leur eau ne serait plus complètement brassée deux fois par an. Cela aurait des conséquences fondamentales sur les écosystèmes lacustres et leur biodiversité.


In vielen Schweizer Seen in mittleren und hohen Lagen durchmischt sich das Wasser im Frühling und Herbst von der Oberfläche bis zum Grund. Dieser vertikale Austausch beeinflusst chemische und ökologische Prozesse. Gleichzeitig wird die Seetemperatur über die gesamte Tiefe ausgeglichen. Im Winter und Sommer hingegen ist das Tiefenwasser durch eine stabile Schichtung von den Prozessen an der Oberfläche getrennt. Seeökosysteme und das gesamte Nahrungsnetz vom Plankton bis zum Fisch sind an diese saisonalen Schwankungen angepasst.
Ein Forscherteam hat für eine Computermodell-Studie 29 Schweizer Seen entlang eines Höhengradienten von 193 bis 1797 m über Meeresspiegel untersucht. Mit dem eindimensionalen physikalischen Seemodell «Simstrat» simulierten sie die dynamischen Prozesse der Seen. Die Forschenden konnten dabei erstmals die neuen Schweizer Klimaszenarien nutzen, welche die komplexe Topographie der Alpen berücksichtigen und das lokale Klima detaillierter darstellen. Drei Zukunftsszenarien wurden verwendet: Das Worst-Case-Szenario, welches von kontinuierlich steigenden Treibhausgasemissionen ausgeht, ein mittleres Szenario, bei welchem die Emissionen um 2050 ihren Höhepunkt erreichen und ein Szenario, welches die globale Erwärmung auf 2° Celsius begrenzt.
Erwärmt sich das Klima um mehr als 2° C, drohen viele Seen in mittleren Höhenlagen im Lauf des 21. Jahrhunderts ihre Eisbedeckung zu verlieren, so etwa der Lac de Joux oder der Klöntalersee. Weniger Eis bedeutet einen erhöhten vertikalen Austausch zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser. Das wirkt dem Aufbau einer stabilen Schichtung im Winter entgegen und verkürzt daher ihre Dauer. Im Sommer hingegen verlängert sich die Dauer der stabilen Schichtung, wodurch das Risiko eines Sauerstoffmangels in tiefen Gewässern steigt. Die längere Schichtung im Sommer begünstigt zudem das Wachstum von giftigen Cyanobakterien. Die Lebensräume vieler Wasserbewohner könnten sich beträchtlich verändern, da sich das Wasser von oben her erwärmt und Sauerstoff weiter unten knapp wird. Mit einem konsequenten Klimaschutz könnten die Auswirkungen jedoch begrenzt werden, sodass nur wenige Seen einen Kipppunkt überschreiten und drastische Veränderungen erfahren würden.

Quelle: Eawag


Keywords:
See, Klimawandel, vertikale Schichtung, Seeökosysteme

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Råman Vinnå L. et al. (2021): The vulnerability of lakes to climate change along an altitudinal gradient Nature; Nature Communications Earth & Environment ; DOI: 10.1038/s43247-021-00106-w
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82387.html

Link zur Studie (freier Zugang)

Kontaktadresse:
Dr. Carl Love Råman Vinnå
Eawag
Abteilung Oberflächengewässer
Überlandstrasse 133
CH-8600 Dübendorf

love.ramanvinna@eawag.ch
Tel: +41 (0)58 765 68 39


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