19.2.2021: Forschung CH
Monetäre Bewertung von öffentlichen Gütern und Ökosystemleistungen: Die etablierten Standards genügen nicht
Estimation monétaire des biens publics et des services écosystémiques : les normes établies ne suffisent pas
Felix Schläpfer
Um den Wert von öffentlichen Gütern und Ökosystemleistungen zu bestimmen, werden zunehmend Umfragen zur Zahlungsbereitschaft verwendet. Die heute etablierten Befragungsansätze und Reporting-Standards sind jedoch unzureichend. Höchst relevante und bestens erforschte Ursachen von Verzerrungen werden vernachlässigt und in der Kommunikation der Ergebnisse unterschlagen. Die Verwendung der Resultate gefährdet die Glaubwürdigkeit der Umweltbewertung und der Umweltpolitik.
De plus en plus de sondages qui déterminent la disposition à payer sont utilisés pour assigner une valeur aux biens publics et aux services écosystémiques. Pourtant, la manière d’approcher aujourd’hui le sondage et les reportings standards ne suffisent plus. Les raisons les plus pertinentes et les plus analysées des distorsions sont négligées et mises de côté dans la communication des résultats. L’utilisation des résultats menace la crédibilité de l’évaluation et de la politique de l’environnement.
Der Grundgedanke ist gut: Zahlungsbereitschaften für öffentliche Güter und Ökosystemleistungen sollen in Kosten-Nutzenüberlegungen im öffentlichen Sektor berücksichtigt werden. Als Methode für die Erfassung dieser Zahlungsbereitschaften werden Befragungen immer wichtiger. Die heute etablierten Umfrageprotokolle und -praktiken sind jedoch unzureichend.
Die wichtigste Ursache von Verzerrungen und Unsicherheiten der Ergebnisse wird vernachlässigt: Kognitive Überforderung führt dazu, dass die Befragten problematische Antwort-Heuristiken verwenden (d.h. die Antwort kam mit begrenztem Wissen und unter grossem Zeitdruck zustande). Als Konsequenz davon werden die Bewertungen sehr stark von den verwendeten Antwortoptionen oder Antwortskalen beeinflusst. Noch weit problematischer ist, dass die weitherum akzeptierten Erhebungsrichtlinien gar nicht die nötigen Validitätstests und Reporting-Standards verlangen, um diese Verzerrungen transparent zu machen. Es ist zulässig und üblich, die Resultate ohne Hinweis auf diese hoch relevante Art von Unsicherheit als wissenschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlage zu kommunizieren. Das Peer-Review-System versagt, weil die Reviewer und in vielen Fällen auch die Editorinnen nicht unbefangen sind, sondern selbst Anhänger der etablierten Methoden und Auftragnehmer einschlägiger Studien.
Die zunehmende Verwendung fragwürdiger Bewertungen durch politische Entscheidungsträger gefährdet die Glaubwürdigkeit der Umweltbewertung und der Umweltpolitik. Ein soeben publizierter Artikel versucht, dies unter Ökonom*innen, Umweltwissenschaftler*innen und Entscheidungsträger*innen in Politik, Verwaltung und NGOs besser bekannt zu machen und Alternativen aufzuzeigen. Die wichtigste Alternative besteht darin, im Design von Befragungen aussagekräftige Validitätstests einzubauen bzw. – auf Seite der Auftraggeber – solche Validitätstests zu verlangen.
Quelle: Kalaidos Fachhochschule Schweiz
Keywords:
Öffentliche Güter, Ökosystemleistungen, externe Effekte, Umweltbewertung, kontingente Bewertung
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Schläpfer F. (2021): Inadequate Standards in the Valuation of Public Goods and Ecosystem Services: Why Economists, Environmental Scientists and Policymakers Should Care. Sustainability 13, 393. https://doi.org/10.3390/su13010393
https://www.oekonomenstimme.org/artikel/2021/01/ungenuegende-standards-in-der-monetaeren-bewertung-von-oeffentlichen-guetern-und-oekosystemleistungen/
Link zur Studie (open access)
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Felix Schläpfer
Departement Wirtschaft
Kalaidos Fachhochschule Schweiz
Jungholzstrasse 43
CH-8050 Zürich
Felix.Schlaepfer@kalaidos-fh.ch
Tel: +41 (0)44 200 19 02
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