19.2.2021: Forschung international
Strassenbäume helfen gegen Depressionen
Les arbres des rues utiles contre les dépressions
Melissa R. Marselle et al.
Es gibt Hinweise darauf, dass Strassenbäume im direkten Lebensumfeld der Menschen das Risiko für Depressionen und den Bedarf an Antidepressiva in der Stadtbevölkerung reduzieren können. Dies zeigt eine interdisziplinäre Studie aus Leipzig (D). Das Pflanzen von Bäumen in städtischen Wohngebieten könnte demnach eine effiziente naturbasierte Lösung sein, um psychische Krankheiten, den lokalen Klimawandel und den Verlust biologischer Vielfalt zu bekämpfen.
Des indices donnent à penser que les arbres des rues dans l’environnement direct des hommes peuvent réduire le risque de dépression et le besoin d’antidépresseurs dans la population urbaine. C’est ce que montre une étude interdisciplinaire de Leipzig (A). La plantation d’arbres en zone urbaine pourrait par conséquent être une solution naturelle et efficace afin de combattre des maladies psychiques, le changement climatique local et la perte de diversité biologique.
Depressionen sind seit längerem auf dem Vormarsch – insbesondere in städtischen Gebieten und in Pandemiezeiten. Einen Einfluss auf das seelische Wohlbefinden hat unter anderem das direkte Lebensumfeld. Frühere Studien haben gezeigt, dass Grünflächen sich positiv auswirken. Allerdings stützen sich die meisten dieser Studien auf Selbsteinschätzungen von Befragten, was einen Vergleich und Verallgemeinerungen der Ergebnisse erschwert.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat für dieses Problem eine Lösung gefunden und einen objektiven Indikator genutzt: Die Zahl der Verschreibungen von Antidepressiva. Um herauszufinden, ob eine bestimmte Art von Natur die psychische Gesundheit positiv beeinflussen könnte, wählten die Forschenden ein in europäischen Städten sehr typisches Element aus: die Strassenbäume. Dabei konzentrierten sie sich auf die Frage, wie sich die Anzahl und Art der Bäume sowie ihre Nähe zum Wohnort zur Anzahl der verschriebenen Antidepressiva verhielt.
Die Forschenden setzten die Daten von fast 10‘000 erwachsenen Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Leipzig, die an einer Gesundheitsstudie teilgenommen hatten, mit räumlich genauen Daten zu Strassenbäumen der Stadt Leipzig in Beziehung. So konnten sie den Zusammenhang zwischen Antidepressiva-Verordnungen und der Anzahl der Strassenbäume in unterschiedlichen Entfernungen von den Wohnorten der Menschen ermitteln. Weitere für Depressionen bekannte Faktoren wie etwa Beschäftigungsstatus, Geschlecht, Alter und Körpergewicht wurden in der Analyse berücksichtigt.
Die Forschenden konnten zeigen, dass mehr Bäume in unmittelbarer Umgebung des Hauses (unter 100 Meter Entfernung) oft mit einer geringeren Zahl von Antidepressiva-Verschreibungen einhergingen. Dieser Zusammenhang war besonders klar für sozial schwache Gruppen, die in Deutschland am gefährdetsten gelten, an Depressionen zu erkranken. Strassenbäume in Städten könnten also als eine naturnahe Lösung für eine gute psychische Gesundheit dienen. Es scheint dabei keine Rolle zu spielen, welche Baumart gepflanzt wird.
Mehr Strassenbäume in städtischen Wohngebieten können aber nicht nur als Beitrag zur Förderung der psychischen Gesundheit gesehen werden, sondern auch als Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel und zur Förderung der Biodiversität; für letzteres sind alte Bäume besonders wertvoll. Bereits einzelne Bäume entlang der Strassen können einen Beitrag leisten, um diese Synergieeffekte zu erzielen.
Quelle: Universität Jena
Keywords:
Stadtökologie, Strassenbäume, psychische Gesundheit, naturbasierte Problemlösungen
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Marselle M.R., Bowler D., Watzema J., Eichenberg D., Kirsten T., Bonn A. (2020): Urban street tree biodiversity and antidepressant prescriptions. Scientific Reports 10, 22445. DOI: 10.1038/s41598-020-79924-5
Link zur Studie (open access)
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Arletta Bonn
Universität Jena
D-07743 Jena
arletta.bonn@uni-jena.de
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