6.11.2020: Forschung CH
Die Ausbreitung gebietsfremder Arten: 2500 neue Arten in Europa bis 2050
Dissémination d’espèces exotiques : 2500 nouvelles espèces en Europe d’ici 2050
Hanno Seebens et al.
Mit Hilfe eines Computermodells haben Forschende die zu erwartende Anzahl neuer gebietsfremder Arten in verschiedenen Weltregionen bis 2050 geschätzt. In Europa wird eine überdurchschnittliche Zunahme von 64 Prozent erwartet, was rund 2500 neuen gebietsfremden Arten entspricht.
Au moyen d’un modèle informatique, des chercheurs ont estimé le nombre attendu de nouvelles espèces exotiques d’ici 2050 dans différentes régions du monde. L’Europe devrait connaître une augmentation de 64 % supérieure à la moyenne, soit environ 2500 nouvelles espèces exotiques.
Über die weltweiten Handels- und Verkehrsnetze gelangen immer mehr Arten in Gebiete ausserhalb ihres angestammten Verbreitungsareals. Einige dieser Arten können invasiv werden und Schaden anrichten – etwa indem sie einheimische Arten verdrängen, Krankheiten übertragen, Infrastrukturen schädigen oder Allergien auslösen. Gebietsfremde invasive Arten gelten als eine der wichtigsten Ursache für den weltweiten Biodiversitätsrückgang.
Um das Ausmass dieses Trends zu verstehen, hat ein internationales Forschungsteam basierend auf den Beobachtungen der letzten Jahrzehnte ein Computermodell entwickelt, das die Anzahl gebietsfremder Arten für verschiedene Weltgegenden bis 2050 vorhersagt. Die zu erwartende weltweite Zunahme gebietsfremder Tiere und Pflanzen wird auf durchschnittlich 36 Prozent geschätzt. Mit ihrer Prognose betreten die Forscherenden Neuland, denn bislang deckten Studien zur Ausbreitung von gebietsfremden Arten nur einzelne Organismengruppen oder Länder ab.
Rund um den Globus gibt es allerdings grosse regionale Unterschiede. So werden die stärksten Anstiege voraussichtlich in Europa zu finden sein. Hier nimmt die Anzahl gebietsfremder Arten bis zur Mitte des Jahrhunderts im Vergleich zum Jahr 2005 laut der Prognosen um 64 Prozent zu. Weitere Hotspots sind Nordamerika, Südamerika und die gemässigten Breiten Asiens. Den geringsten relativen Zuwachs gebietsfremder Arten erwarten die Forschenden in Australien, was vor allem den strengen Massnahmen an den Grenzen zu verdanken ist.
In absoluten Zahlen ausgedrückt rechnen die Forschenden für Europa mit rund 2500 neuen gebietsfremden Arten. Dabei handelt es sich zum grössten Teil um weniger auffällige Neuankömmlinge wie Insekten, Weichtiere und Krebstiere. Neue gebietsfremde Säugetierarten sind dagegen kaum zu erwarten.
Die Analyse zeigt darüber hinaus, dass die Invasion neuer Arten bei einzelnen Tiergruppen noch an Fahrt aufnimmt. Vor allem Gliederfüsser- und Vogelarten scheinen schneller als bisher in neuen Gebieten einzutreffen. Eine Umkehr der Invasion gebietsfremder Arten ist nicht in Sicht, denn der globale Handel und Verkehr, der vielen Arten als Mitfahrgelegenheit in neue Lebensräume dient, dürfte sich in den nächsten Jahrzehnten noch verstärken. Aber mit strengeren Regulierungen und deren strikter Umsetzung kann die Entwicklung zumindest verlangsamt werden.
Quelle: Universität Freiburg
Keywords:
Gebietsfremde Arten, globaler Handel, Europa, Insekten
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Seebens H. et al. (2020): Projecting the continental accumulation of alien species through to 2050. Global Change Biology. doi.org/10.1111/gcb.15333
Link zur Studie (open access):
Kontaktadresse:
Prof. Sven Bacher
Departement für Biologie
Universität Freiburg
Chemin du Musée 10
CH-1700 Fribourg
sven.bacher@unifr.ch
Tel: +41 (0)26 300 88 22
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