30.9.2020: Forschung CH
Sinkende Braunkehlchenbestände: Das Hauptproblem liegt in Europa, nicht in Afrika
Déclin des populations de tariers des prés : le problème majeur réside en Europe, pas en Afrique
Remi Fay et al.
Vielen Vögeln des Landwirtschaftsgebiets geht es in ganz Europa schlecht, allen voran jenen Arten, die in Afrika überwintern. Sind also Veränderungen in den Zug- und Überwinterungsgebieten für die Bestandsverluste verantwortlich? Eine neue Studie zeigt nun, dass dies zumindest für das Braunkehlchen nicht der Fall ist. Die Verantwortung liegt in Europa.
De nombreux oiseaux des milieux agricols en Europe vont mal, en particulier les espèces qui passent l’hiver en Afrique. Les changements dans les régions d'hivernage et de migration sont-ils responsables des pertes d’effectifs ? Une nouvelle étude montre désormais que ce n’est pas le cas, du moins pour le Tarier des prés. La responsabilité incombe à l’Europe.
Die Braunkehlchenbestände gehen in ganz Europa stark zurück. Als wichtiger Treiber für den Rückgang wird immer wieder die Zerstörung des Lebensraums in den afrikanischen Winterquartieren genannt. Langjährige Beringungsdaten aus acht Populationen in sechs europäischen Ländern zeigen nun aber, dass die jährliche Überlebensrate der erwachsenen Vögel keinen Einfluss auf die Bestandsentwicklung hat. Probleme in den Überwinterungsgebieten scheiden somit als wesentliche Treiber für den Rückgang des Braunkehlchens aus. Als einzige Erklärung bleibt der Rückgang des Bruterfolgs in Europa, der massgeblich durch die immer intensivere landwirtschaftliche Nutzung im Brutgebiet verursacht wird.
Ehemals naturnahe Wiesen werden immer intensiver gedüngt und bewässert. Dadurch wächst das Gras schneller, weshalb es immer früher und häufiger geschnitten wird. Für wiesenbrütende Vögel, zu denen auch das Braunkehlchen gehört, ist diese Entwicklung fatal, da ihre Bruten vermäht werden. Zusätzlich mangelt es dem Braunkehlchen als reinen Insektenfresser an Nahrung, da die einstigen insektenreichen Blumenwiesen zu sterilen Grünflächen umgewandelt werden.
Als Folge davon hat sich der Schweizer Bestand des Braunkehlchens in den letzten 20 Jahren halbiert. Mittelland und Jura sind mittlerweile praktisch verlassen, und auch in den Bergregionen zeichnet sich zunehmend eine bedenkliche Entwicklung ab. Um dem Braunkehlchen zu helfen, muss der Dünger- und Pestizideinsatz reduziert werden. In Wiesen mit Braunkehlchenbruten ist zudem eine späte Mahd wichtig, je nach Höhenlage zwischen Anfang und Ende Juli. Ob das Braunkehlchen in der Schweiz eine Zukunft hat, liegt also in unserer Verantwortung.
Quelle: Schweizerische Vogelwarte
Keywords:
Vögel, Braunkehlchen, Landwirtschaft, Überwinterungsgebiet, Bestandsrückgang
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Fay R. et al. (2020): Whinchat survival estimates across Europe: can excessive adult mortality explain population declines? Animal Conservation; https://doi.org/10.1111/acv.12594.
https://www.vogelwarte.ch/de/vogelwarte/news/medienmitteilungen/die-verantwortung-liegt-bei-uns
Link zur Studie
Kontaktadresse:
Livio Rey
Schweizerische Vogelwarte
CH-6204 Sempach
livio.rey@vogelwarte.ch
Tel: +41 (0)41 462 97 14
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