31.3.2005: Forschung CH

Wie naturnah ist ein Wald?




Loser E., Bebié N., Niggli-Luder S., Bürkler F.

Für die Erfolgskontrolle in sechs Naturwaldflächen hat der WWF Bern eine Methode entwickelt, mit der das Potenzial eines Waldgebietes für die Biodiversität abgeschätzt werden kann. Die vorgestellte Methode versteht sich als praxisnaher und kostengünstiger Vorschlag für die Erfolgskontrolle auch in anderen Waldreservaten.

Der WWF hat im Kanton Bern zwischen 1999 und 2001 sechs Waldflächen von 2 bis 78 ha Grösse für vorläufig 50 Jahre als Naturwald gesichert. Für die Erfolgskontrolle des Vertragsziels, die biologische Vielfalt längerfristig zu sichern und zu fördern, ist die Umweltorganisation auf einfach erfassbare Indikatoren angewiesen. Die entwickelte Methode schätzt das Vielfalt-Potential der Waldflächen aufgrund einer quantitativen und qualitativen Erfassung der Alt- und Totholz-Strukturen sowie im Vergleich mit einem Schwellenwert von 30 m3 Totholz/ha für xylobionte Insekten als eine der artenreichsten Tiergruppen. Für die Feldaufnahmen werden – gestützt auf eine Bestandeskarte – Geländeausschnitte ausgeschieden. Differenziert wird nach Laub- oder Nadel-Totholz, stehend oder liegend, den Durchmesserkategorien 20/50/90 Zentimeter und den Längen 5/15/25 Meter. Zusätzlich werden Verteilstrukturen erfasst. Der Ausgangszustand der WWF Naturwaldflächen im Jura, im Mittelland und in den Voralpen wurde im Spätherbst 2002 mit flächendeckenden Groberhebungen erfasst. Es ergaben sich durchschnittliche Totholzvolumen-Werte zwischen 6,44 und 21,45 m3/ha. Kleinere Flächen weisen bereits heute reiche und vielfältige Alt- und Totholz-Strukturen auf. Totholz-Werte von >30 m3/ha und damit annähernd optimale Verhältnisse für Lebewesen, welche auf Totholz angewiesen sind, wurden erst auf Teilflächen <5 ha gefunden. Das Entwicklungspotential in Bezug auf einen «optimalen» Naturwald wird für jede Waldfläche differenziert abgeschätzt. Aufgrund der Groberhebungen wurden insgesamt 36 Standorte für Detailaufnahmen ausgewählt. Auf je 20x20m wurden lebende Bäume und Totholzstrukturen (Durchmesser-Skala 10 cm) erfasst und zeichnerisch sowie fotografisch dokumentiert. Auch der Zersetzungsgrad und soweit möglich die Holzart wurden bestimmt. Die Ergebnisse sind in Volumentabellen und einem Kurzbeschrieb mit zusätzlichen Angaben zum Bestandesaspekt und zur aktuellen Vegetation festgehalten. Ausserdem wurden Beobachtungen zu besonderen Strukturen und Lebewesen notiert. Für jede Detailfläche wird auch das aktuelle Potenzial für die biologische Vielfalt und die mögliche Entwicklung eingeschätzt. Diese Daten stehen als Grundlage für Langzeitvergleiche und für weitergehende (z.B. faunistische) Studien zur Verfügung. Die vorgestellte Methode versteht sich als praxisnaher und kostengünstiger Vorschlag für die Erfolgskontrolle auch in anderen Waldreservaten.

Keywords:
Naturwald-Reservate, Totholz, Biodiversität, Monitoring

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Loser E., Bebié N., Niggli-Luder S., Bürkler F. (2005): Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen 156/1, 13-21.
http://www.wwf-be.ch

Kontaktadresse:
Erika Loser
Geschäftsführerin WWF Bern
Bollwerk 35
CH-3011 Bern
wwf-be@bluewin.ch
Tel: ++41 31 312 15 79
Fax: ++41 31 312 24 02

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