27.8.2020: Forschung international

Steigende Wassertemperaturen bedrohen Fischarten

La hausse de la température de l’eau menace les espèces



Flemming T. Dahlke et al.

Die Folgen des Klimawandels für die Fischbestände der Welt sind einschneidender als bisher angenommen. Vor allem die Wassertemperaturen in den Laichgebieten entscheiden massgeblich über den Fortpflanzungserfolg der Arten und machen Fische anfällig für den Klimawandel – im Meer genauso wie in Seen, Teichen, Bächen und Flüssen.

Les conséquences du changement climatique sur les effectifs de poissons sont plus brutales que ce que l’on pensait jusqu’à présent. Ce sont avant tout les températures de l’eau dans les sites de frai qui influencent de manière décisive le succès de reproduction des espèces et rendent les poissons sensibles au changement climatique, aussi bien dans la mer que dans les lacs, les étangs, les rivières et les ruisseaux.


Die Klimaerwärmung lässt auch die Temperaturen in den Gewässern steigen. Was bedeutet das für die dort lebenden Organismen? Forschenden haben dazu untersucht, in welchen Lebensphasen Meeres- und Süsswasserfische auf der ganzen Welt besonders wärmeempfindlich sind. Dazu trugen sie wissenschaftliche Daten zur Wärmetoleranz von rund 700 Fischarten zusammen und analysierten, innerhalb welcher Temperaturbereiche Fische als laichbereites Tier, als Embryo im Ei, als Larve nach dem Schlupf sowie als erwachsenes Tier ausserhalb der Paarungszeit überleben können.
Die Ergebnisse zeigen, dass Fische als Embryonen im Ei sowie als laichbereite Erwachsene deutlich wärmeempfindlicher sind als im Entwicklungsstadium der Larve oder als geschlechtsreifer Fisch ausserhalb der Paarungszeit. Im globalen Mittel können zum Beispiel Fische ausserhalb der Paarungszeit in bis zu 10 Grad Celsius wärmerem Wasser überleben als laichbereite Fische und Fischeier. Diese Erkenntnisse gelten über Artengrenzen hinweg.
Das Forscherteam hat in einem zweiten Schritt analysiert, in welchem Masse die Wassertemperaturen in den Laichgebieten der untersuchten Arten im Zuge des Klimawandels steigen werden. Dazu nutzten sie neue Klimaszenarien, die auch dem nächsten Weltklimabericht zugrunde liegen werden.
Die Ergebnisse belegen, dass jedes Grad durchschnittlicher Erwärmung die weltweiten Fischbestände in grössere Bedrängnis bringt. Gelingt es der Menschheit, die Klimaerwärmung bis zum Jahr 2100 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, werden bis dahin nur etwa zehn Prozent der untersuchten Fischarten ihre angestammten Laichgebiete aufgrund zu warmen Wassers verlassen müssen, so die Forschenden. Bleiben die Treibhausgasemissionen dagegen auf hohem bis sehr hohem Niveau, wäre mit einer durchschnittlichen Erwärmung von fünf Grad Celsius und mehr zu rechnen, die bis zu 60 Prozent der Fischarten gefährden würde.
Betroffene Arten wären dann gezwungen, sich entweder evolutionsbiologisch anzupassen – ein Prozess, der vermutlich viel zu lange dauern würde – oder aber ihre Fortpflanzung in eine andere Jahreszeit oder an einen anderen Ort zu verlagern. Bedenkt man aber, dass Fische ihre Fortpflanzung über lange Zeiträume an spezielle Lebensräume angepasst haben und ihre Zyklen auf bestimmte Nahrungsangebote und Meeresströmungen abgestimmt sind, dann ist davon auszugehen, dass eine erzwungene Verlagerung der Laichgebiete grosse Probleme mit sich bringen kann. Fische in Flüssen und Seen stehen zudem vor dem Problem, dass ihr Lebensraum durch die Grösse und geographische Lage der Gewässer begrenzt wird. In grössere Tiefe oder kältere Regionen abzuwandern, ist für sie nahezu unmöglich.

Quelle: Alfred-Wegener-Institut

Keywords:
Fische, Klimawandel, Ausbreitung, Verbreitungsareal

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Dahlke F.T. et al. (2020): Thermal bottlenecks in the lifecycle define climate vulnerability of fish. Science 369, 65-70. DOI: 10.1126/science.aaz3658


Link zur Studie

Kontaktadresse:
Dr. Flemming Dahlke
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
D-27570 Bremerhaven

flemming.dahlke@gmx.de


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