23.2.2005: Forschung CH

Das Rebhuhn als Symbol für eine artenreiche Kulturlandschaft




Jenny M., Holzgang O., Zbinden N.

Der reich illustrierte Bericht fasst das aktuelle Wissen zum Rückgang des Rebhuhns in der Schweiz und dessen ökologische Ansprüche zusammen. Zudem wird das seit 1991 laufende Projekt zum Schutz und zur Wiederansiedlung der Art in der Champagne genevoise und im schaffhausischen Klettgau beschrieben.


Das Rebhuhn ist eine typische Brutvogelart der ackerbaulich geprägten Feldflur und steht stellvertretend für viele heute bedrohte Tier- und Pflanzenarten mit hohen Ansprüchen an ihren Lebensraum. In der Schweiz sank der Bestand des kleinen Feldhuhns in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von über 10’000 auf wenige Individuen. Die Ursachen für diese Entwicklung liegen in der Intensivierung der Landwirtschaft. Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL beauftragte 1991 die Schweizerische Vogelwarte mit einem Förderungsprojekt für das Rebhuhn, um das Verschwinden der Art zu verhindern. In enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden wurden im schaffhausischen Klettgau und in der Champagne genevoise neue Lebensräume geschaffen. Dank dieser Massnahme haben die Bestände einiger typischer Brutvogelarten der offenen und halboffenen Feldflur zum Teil stark zugenommen. Die Lebensraumaufwertung kam aber für das Rebhuhn zu spät. Im Klettgau verschwanden 1993 die letzten Rebhühner, und in der Champagne genevoise nahm der isolierte Bestand bis auf wenige Individuen ab.
In einigen europäischen Ländern haben Jägerkreise auf den rasanten Niedergang des Rebhuhns mit Aussetzungen grosser Mengen von Vögeln aus Zuchten reagiert. Mit diesen Aktionen konnten aber weder Populationen gestützt noch neue gegründet werden, weil keine Massnahmen zur Verbesserung der Lebensräume getroffen wurden. In den beiden Schweizer Projektregionen wurden hingegen mehrere Quadratkilometer des Landwirtschaftsgebietes mit Brachen und anderen arten- und strukturreichen Ausgleichsflächen stark aufgewertet. Im Klettgau konnte deshalb zwischen 1998 und 2001 geprüft werden, ob und wie ausgesetzte Rebhühner diese neu geschaffenen Ausgleichsflächen nutzen. Die Resultate waren ermutigend und erlaubten den Schluss, dass das Rebhuhn in einigen klimatisch begünstigten Gebieten unseres Landes langfristig durchaus überleben könnte – vorausgesetzt, diese Potenzialgebiete werden rebhuhngerecht aufgewertet.
Die Behörden der Kantone Schaffhausen und Genf verfolgen in enger Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Vogelwarte seit 2002 respektive 2004 das Ziel, das Rebhuhn im Klettgau und in der Champagne genevoise wieder anzusiedeln oder die Bestände durch Aussetzungen und weitere Aufwertungsmassnahmen zu fördern.
Ob das Rebhuhn in der Schweiz in Zukunft wieder grössere Gebiete besiedeln wird, hängt stark von der schweizerischen Landwirtschaftspolitik ab. Trotz Ökologisierung der Landwirtschaft sind die meisten Ackerbaugebiete der Schweiz als Lebensraum für das Rebhuhn nach wie vor ungeeignet. Mit der seit 2001 gültigen Öko-Qualitätsverordnung steht ein Instrument zur Verfügung, mit dem der ökologische Ausgleich konsequent auf die Bedürfnisse typischer und bedrohter Kulturlandarten ausgerichtet werden soll. Allerdings müssen für so anspruchsvolle Arten wie das Rebhuhn auch in Zukunft neben den gesetzlich vorgesehenen Mitteln zusätzliche Massnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen ergriffen werden.
Letztlich entscheidet unsere Gesellschaft, ob das Rebhuhn künftig wieder einige unserer landwirtschaftlich geprägten Regionen besiedeln wird. Es braucht dazu eine Landwirtschaft, die nicht nur qualitativ hochwertige Nahrungsmittel produziert, sondern auch den Produktionszweig «Artenvielfalt» in die Betriebsplanung integriert.

Keywords:
Rebhuhn, Bestandsrückgang, Wiederansiedlung, Agrarland, Landwirtschaft

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Jenny M., Holzgang O., Zbinden N. (2005): Das Rebhuhn – Symbol für eine artenreiche Kulturlandschaft. Avifauna Report Sempach 4. 60 S.
http://www.vogelwarte.ch

Kontaktadresse:
Schweizerische Vogelwarte, CH-6210 Sempach
markus.jenny@bluewin.ch
Tel: +41 (0)41 462 97 00
Fax: +41 (0)41 462 97 10

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