23.6.2020: Forschung CH
Wertvolle genetische Vielfalt bei Kastanien
Précieuse diversité génétique parmi les châtaigniers
Santiago Pereira Lorenzo et al.
Die Schweizer Kastanienwälder beherbergen eine in Europa einzigartige genetische Vielfalt. Viele Kastanienwälder bestehen aus veredelten Bäumen, die mit sehr alten Sorten kombiniert wurden. Diese Vielfalt wird nun gesichert.
Les châtaigneraies suisses abritent une diversité génétique unique en Europe. De nombreuses châtaigneraies se composent d’arbres greffés qui ont été associés à de très anciennes variétés. Cette diversité sera désormais sauvegardée.
In der Schweiz bedecken Rein- und Mischkastanienwälder eine Fläche von rund 24'000 Hektaren – das entspricht der Fläche des Kantons Zug. Aus historischen und klimatischen Gründen liegen die meisten der noch existierenden Kastanienhaine südlich der Alpen. In den nördlichen Landesteilen ging der Kastanienanbau und das damit verbundene Wissen mit der Klimaabkühlung während der so genannten Kleinen Eiszeit nach dem Mittelalter stark zurück.
In den letzten 30 Jahren wurden viele Anstrengungen unternommen, um das Erbe der verbliebenen Kastanienbaumsorten zu erhalten und wieder aufzubauen, und zwar im Rahmen des «Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft». Mehr als 10’000 alte Kastanienbäume mit offensichtlichen Veredelungsspuren sind im ganzen Land identifiziert worden. Bei der Pflanzenveredelung werden Zweige anderer Sorten mit dem Stamm eines Baumes verschmolzen («gepropft»), um möglichst rasch neue Eigenschaften zu erhalten.
In der letzten Phase dieses Projekts hat ein Forschungskonsortium 962 Kastanienbäumen genetisch charakterisiert, um die Individuen zu identifizieren, die besonders stark zur genetischen Vielfalt beitragen. Die Analyse förderte nicht nur eine grosse genetische Vielfalt bei den in den Kastanienhainen der Schweiz noch vorhandenen alten Sorten zu Tage, sondern auch einzigartige genetische Merkmale, die im übrigen Europa nicht vorkommen.
Auf der Grundlage der gesammelten Daten wird es nun möglich sein, dieses Material zu vervielfältigen, indem junge Kastanienbäume veredelt werden. Sie werden dann in speziellen Erhaltungsplantagen gepflanzt, um das Überleben der kostbaren Erbinformation zu sichern. Im Tessin wurden bereits drei Erhaltungsobstgärten angelegt.
Quelle: WSL
Keywords:
Genetische Vielfalt, Nutzpflanzen, Kastanienbaum, Erhaltungsobstgärten
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Pereira Lorenzo S. et al. (2020): Reservoir of the European chestnut diversity in Switzerland. Biodiversity and Conservation. 29:22172234
PDF Link
Kontaktadresse:
Dr. Marco Conedera
Eidg. Forschungsanstalt WSL
a Ramèl 18
CH-6593 Cadenazzo
marco.conedera@wsl.ch
Tel: +41 (0)91 821 52 31
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