23.2.2005: Forschung CH

Kiesinseln als Lebensraum




Kämpfer P.

Kiesinseln in Alpenflüssen sind Lebensraum für eine Vielzahl von seltenen Insekten- und Spinnenarten. Eine Untersuchung hat ergeben, dass auf kleinem Raum die Oberflächenstruktur und das Mikroklima für die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften verantwortlich sind. Die Resultate der Studie zeigen ausserdem, dass die Rhone in Bezug auf die Artenzusammensetzung noch Merkmale eines weitgehend natürlichen Alpenflusses aufweist.


Im Pfynwald (VS) wurden die Arthropoden-Lebensgemeinschaften auf 2 unterschiedlich alten Inseln in der Rhone untersucht. Die primär faunistisch ausgerichtete Arbeit liefert wertvolle Daten zu Vorkommen und Einnischung von Arthropoden in einem der am stärksten bedrohten Lebensräume im Alpengebiet. Getrennt nach Habitattypen wurden insgesamt 938 flächenbezogene Handaufsammlungen durchgeführt. Die Ausbeute umfasste 1580 Laufkäfer (27 Arten), 455 adulte Spinnen (20 Arten) und 460 Uferwanzen (3 Arten). Die stark dominierenden Ameisen (v.a. Formica selysi) wurden nicht detailliert ausgezählt. Von den 7 Heuschreckenarten sind drei typisch für Pionierhabitate in Flussauen (Tetrix tuerki, Chorthippus pullus und Sphingonotus caerulans) und gleichzeitig in der Schweiz vom Aussterben bedroht. Andere Taxa wurden nicht bearbeitet. Von allen Arten liegen GIS-Punktverbreitungskarten vor, welche die Einnischung in vier typische Zönosen aufzeigen:
(1) Flächen mit feuchtem Feinsediment, charakterisiert durch stenotope Laufkäfer (z.B. Asaphidion caraboides, dem häufigsten Laufkäfer auf den Inseln).
(2) Grobschotterige Ufer mit eingestreutem feuchtem Feinsubstrat. Diese sind von den für Schotterbänke alpiner Flüsse typischen bekannten Arten besiedelt wie z.B. vom Laufkäfer Nebria picicornis, von mehreren Bembidion-Arten (u.a. die seltene B. distinguendum) sowie von der Wolfsspinne Pardosa wagleri.
(3) Eine Gruppe umfasste Uferarten ohne spezielle Bindung an einen Substrattyp: die Laufkäfer Tachys sexstriatus und mehrere Bembidion-Arten, die Baldachinspinne Oedothorax retusus, die Ameise Manica rubida sowie die Uferwanze Macrosaldula variabilis.
(4) Uferferne, vegetationsfreie Rohböden, die sich tagsüber stark aufheizen (bis 55°C an der Oberfläche), waren kaum besiedelt. Hier kamen nur vier Arten regelmässig vor: der Laufkäfer Lionychus quadrillum, die Wolfsspinne Pardosa torrentum, welche sich habitatmässig klar von P. wagleri abtrennte, und die Springspinne Heliophanus patagiatus.

Die Biozönosen sind generell dominiert von Räubern, welche sich, bedingt durch das Nahrungsangebot und das Mikroklima, entlang der feuchten Uferlinie konzentrieren. Die Laufkäferdaten zeigen, dass die Rhone auf diesem Abschnitt, trotz Eindämmung und stark durch den Menschen beeinflusstem Abflussregime, noch die Merkmale eines weitgehend natürlichen Alpenflusses aufweist – eine wertvolle Erkenntnis im Hinblick auf die bevorstehende Revitalisierung der Rhone im Pfynwald.


Keywords:
Pfynwald, Insel, Biozönose, Laufkäfer, Spinnen

Art der Publikation:
Diplomarbeit

Literatur:
Kämpfer P. (2004): Lebensgemeinschaften von Arthropoden auf Inseln in einem dynamischen Alpenfluss. Diplomarbeit, Zoologisches Institut der Universität Bern.

Kontaktadresse:
Prof. Jürg Zettel, Zoologisches Institut, Baltzerstr.6, CH-3012 Bern

juerg.zettel@zos.unibe.ch
Tel: +41 (0)31 631 45 18
Fax: +41 (0)31 631 48 88

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