26.5.2020: Forschung international
Der Gesamtartenreichtum in Europas Wäldern nimmt ab
La richesse globale en espèces baisse dans les forêts d’Europe
Ingmar R. Staude et al.
In Europas gemässigten Wäldern werden seltene Pflanzenarten von häufigen Arten verdrängt. Diese Entwicklung hängt vor allem mit einer erhöhten Stickstoffverfügbarkeit zusammen.
Dans les forêts tempérées d’Europe, des espèces de plantes rares sont remplacées par des espèces communes. Cette évolution est surtout liée à la disponibilité accrue en azote.
Während es zur Entwicklung der Artenvielfalt in Wiesen und Weiden viele Datensätze gibt, ist das Wissen um die Waldbiodiversität deutlich geringer. Es wird davon ausgegangen, dass Wälder naturnahe Ökosysteme mit einer relativ stabilen Artenvielfalt sind.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat nun untersucht, wie sich die Artenvielfalt krautiger Pflanzen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte an 68 verschiedenen Standorten in gemässigten Wäldern Europas verändert hat. Alle Untersuchungsgebiete liegen in geschützten Waldgebieten. Die Resultate zeigen, dass Pflanzenarten mit einer geringeren geographischen Verbreitung, die also oft in nur wenigen Wäldern zu finden sind, ein erhöhtes Risiko haben, auszusterben. Bei diesen Arten handelt es sich oft um solche, die daran angepasst sind, mit relativ wenigen Nährstoffen im Boden auszukommen.
Die Wissenschaftler wiesen nach, dass chronische und exzessive Stickstoffeinträge in weiten Teilen Europas mit der erhöhten Aussterbewahrscheinlichkeit solcher Arten im Zusammenhang stehen. Dagegen profitieren Pflanzenarten, die nährstoffreiche Böden bevorzugen, wie die Brombeere. Diese Pflanzen nutzen die erhöhte Nährstoffversorgung für ein verstärktes Wachstum – sie haben somit plötzlich einen Konkurrenzvorteil und verbreiten sich stärker.
Während also einige Arten mit einer geringeren Verbreitung verschwinden, verbreiten sich stickstoffliebende, teils exotische Arten. Der Artenreichtum in den einzelnen Wäldern hat sich daher im Durschnitt nicht verringert, der Gesamtartenreichtum jedoch schon. Dieser Artenverlust hat Auswirkungen auf die Ökosysteme: Wenn einzelne Pflanzenarten verschwinden, dann verschwinden mit ihnen auch manche Insektenarten und Bodenlebewesen. Und je weiter die Angleichung regionaler Floren voranschreitet, desto schlechter können die Ökosysteme auf sich ändernde Umweltbedingungen wie den Klimawandel reagieren. Nur durch die Verringerung der Stickstoffeinträge kann das weitere Aussterben wenig verbreiteter Arten gestoppt werden.
Quelle: Deutschen Zentrums für Integrative Biodiversitätsforschung
Keywords:
Wald, Stickstoffeinträge, Waldreservate, invasive Arten
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Staude I.R. et al. (2020): Replacements of small- by large-ranged species scale up to diversity loss in Europes temperate forest biome. Nature Ecology & Evolution, doi: 10.1038/s41559-020-1176-8
https://www.nature.com/articles/s41559-020-1176-8
Kontaktadresse:
Ingmar R. Staude
Deutschen Zentrums für Integrative Biodiversitätsforschung
Deutscher Pl. 5E
D-04103 Leipzig
ingmar.staude@idiv.de
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