26.5.2020: Forschung CH

Ausreichende Gewässerräume sind unverzichtbar

Les cours d’eau ont absolument besoin d’espaces suffisants



Florian Altermatt

Die gesetzlichen Anforderungen an den Gewässerraum sind absolute Minimalgrössen, um die Funktionen der Gewässer zu gewährleisten. Entlang kleiner Bäche kommt dem Raum überproportionale Bedeutung zu, da die Stoffflüsse zwischen Land und Wasser nicht von der Breite des Gewässers abhängig sind. Das zeigt eine Zusammenstellung vorhandener Studien, auf welche sich auch das Bundesgericht stützt.

Les exigences légales concernant les espaces réservés aux cours eaux sont des tailles minimales absolues pour assurer les fonctions des cours d’eau. Le long de petits cours d’eau, l’espace prend une importance disproportionnée car les flux de matières entre les habitats terrestres et aquatiques ne dépendent pas de la largeur des cours d’eau. C’est ce que montre une compilation d’études sur laquelle le Tribunal fédéral fonde ses décisions.


Wie breit muss ein Gewässerraum sein, damit die «natürlichen Funktionen» (entsprechend Art. 36a, GSchG) der Gewässer gewährleistet sind? Eine Zusammenstellung von schweizerischen und internationalen Studien geht dieser Frage auf den Grund.
In der Publikation werden die vielfältigen ökologischen Funktionen des Gewässerraums erörtert. Der Gewässerraum dient als Lebensraum und als Ausbreitungskorridor für Organismen, also dem Schutz und Erhalt der Biodiversität. Zudem ermöglicht der Gewässerraum den stofflichen Austausch zwischen Wasser- und Landlebensräumen und wirkt als Puffer gegen Einträge unerwünschter Stoffe.
Sämtliche dieser Funktionen werden durch grössere und stärker vernetzte Gewässerräume besser wahrgenommen. Bei kleinen und kleinsten Gewässern hat der Gewässerraum eine besonders grosse Bedeutung für den Austausch zwischen Wasser- und Landlebensräumen. Bei grösseren Gewässern liegt seine Bedeutung verstärkt darin, Lebensräume zu schaffen, geomorphologische Dynamik zu ermöglichen und den Hochwasserschutz zu gewährleisten.
Die Zusammenstellung zeigt, dass die in der Gesetzgebung geforderte, minimal auszuweisende Gewässerraumbreite aus ökologischer Sicht als absolute Minimalgrösse zu betrachten ist, um die geforderte natürliche Funktion zu gewährleisten. Spezifisch für die umfassende Bedeutung des Gewässerraums als Lebensraum, als Puffer gegenüber unerwünschte Stoffeinträgen und als Regulator der Gewässertemperatur wären teilweise deutlich grössere Gewässerräume notwendig.
Die Studie hat dem Bundesgericht geholfen, einen Entscheid fachlich fundiert zu begründen. Ein Landwirt und der Basler Bauernverband hatten gefordert, bei einem kleinen Bach ganz auf die Ausscheidung eines Gewässerraums zu verzichten. Gerade sehr kleine Gewässer sind aber wichtige Vernetzungs- und Wanderkorridore für zahlreiche Arten, schreibt das oberste Gericht dagegen und zitiert die Vorarbeiten zu dieser Studie. Die Förderung der Biodiversität wirkt sich sogar positiv aus auf die landwirtschaftliche Produktivität, so das Gericht. Es wies die Beschwerde ab.

Quelle: EAWAG


Keywords:
Gewässerraum, Pufferstreifen, Umweltrecht, Vernetzung

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Altermatt F. (2020): Die ökologische Funktion der Gewässerräume. Umweltrecht in der Praxis 1|2020, 52-67.
https://www.vur-ade.ch/urpopen/urp2020/urp2001/2010051A.pdf

Link zum Bundesgerichtsurteil

Kontaktadresse:
Florian Altermatt
Swiss Federal Institute of Aquatic Science and Technology, Eawag, Department of Aquatic Ecology, Überlandstrasse 133, CH-8600 Dübendorf

florian.altermatt@eawag.ch
Tel: +41 (0)58 765 5592


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