26.5.2020: Forschung international

Der Verlust grosser Tiere in Regenwäldern verändert das Ökosystem

La perte de grands animaux dans les forêts tropicales modifie l’écosystème



Isabel Donoso et al.

Schon das Verschwinden eines geringen Anteils grosser Tierarten reicht aus, um die Leistungen, die von ökologischen Netzwerken erbracht werden, massiv zu beeinträchtigen. Gelingt es nicht, das Aussterben dieser Arten zu verhindern, können die Regenwälder nicht in ihrer bisherigen Form erhalten werden.

Même la disparition d’une part minime d’espèces de grands animaux suffit à altérer considérablement les services fournis par les réseaux écologiques. Si nous ne parvenons pas à prévenir l’extinction de ces espèces, les forêts tropicales ne pourront pas être conservées sous leur forme actuelle.


In den tropischen Regenwäldern wird es immer leerer. Die Anzahl Individuen einzelner Arten sinkt durch Bejagung und Zerstückelung der Lebensräume immer weiter. Besonders hart trifft es die grossen Arten. Der Trend zu kleineren Arten könnte schwerwiegende Auswirkungen für das Ökosystem haben, wie Forschende nun zeigen konnten.
Sie modellierten für acht Gebiete in den Anden, welche Folgen das Aussterben grosser fruchtfressender Vögel hat. Grundlage der Modelle sind Daten zu den Interaktionen zwischen Vogel- und Pflanzenarten, die zuvor in den Untersuchungsgebieten in jahrelanger Kleinarbeit erhoben wurden. Als Mass für die Leistung von Vögeln im Ökosystem simulierten die Forschenden, wie weit die Vögel die Samen gefressener Früchte ausbreiten konnten. Samenausbreitung durch Tiere ist eine wesentliche Leistung für das Ökosystem, denn die meisten tropischen Baumarten sind auf eine solche angewiesen.
Grosse Vögel tragen Samen tendenziell weiter als kleine Vögel. Die Modelle zeigen nun: Wenn die grössten 10 Prozent der fruchtfressenden Vögel aussterben würden, würde die Distanz, über die Samen ausgebreitet werden können, um fast 40 Prozent schrumpfen. Doch was passiert, wenn viele Baumsamen im Regenwald demnächst nur noch über kurze Distanzen ausgebreitet werden? Die Samenausbreitung über grosse Strecken sorgt für den genetischen Austausch zwischen Waldstücken und erhöht damit dessen Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltveränderungen. Was noch wichtiger ist: Je näher ein Samen am Mutterbaum bleibt, desto geringer ist seine Chance zu keimen und zu wachsen. Da grosse fruchtfressende Vögel vor allem grosse Samen ausbreiten, dürften also vor allem Pflanzen mit solchen Samen in ihrer Reproduktion stark eingeschränkt werden und zeitlich verzögert auch Aussterben.
Die Forschenden vermuten, dass die jetzt nachwachsenden Regenwälder in stark bejagten und fragmentierten Gebieten anders zusammengesetzt und weniger widerstandsfähig gegenüber Störungen sein werden als die Regenwälder von heute. Es wäre kurzsichtig, die Folgen des Aussterbens grosser Tiere zu unterschätzen. Mit anderen Worten: grosse Tierarten in Regenwäldern müssen besser geschützt werden.

Quelle: Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum

Keywords:
Ökosystemfunktionen, Regenwälder, Bejagung, Vögel, Vernetzung

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Donoso I., Sorensen M., Blendinger P.G., Kisslinkg D., Neuschulz E.-L., Mueller Th., Schleuning M. (2020): Downsizing of animal communities triggers stronger functional than structural decay in seed-dispersal networks. Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-020-15438-y
https://www.nature.com/articles/s41467-020-15438-y

Kontaktadresse:
Dr. Isabel Donoso
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Georg-Voigt-Straße 14
D-60325 Frankfurt am Main
isabel.donoso@senckenberg.de


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