26.5.2020: Forschung CH

Wenig wählerische Rinderrassen begünstigen die Artenvielfalt in Weiden

Les races bovines moins sélectives favorisent la diversité des espèces dans les pâturages



Caren Pauler et al.

Wenn Rinder gewisse Pflanzenarten bevorzugen und andere verschmähen, verdrängen sie Arten aus dem Pflanzenbestand, die sie besonders mögen. Die Artenvielfalt nimmt in der Folge ab. Weil die verschiedenen Rinderrassen unterschiedlich wählerisch sind, hat die Wahl der Rasse weitreichende Konsequenzen für die Artenvielfalt der Weide.

Lorsque que des bovins préfèrent certaines espèces de plantes à d’autres, les espèces particulièrement appréciées des bovins disparaissent de la végétation. La diversité des espèces diminue en conséquence. Le choix de la race de bovin a ainsi une conséquence considérable sur la biodiversité des pâturages, car les différentes races font plus ou moins la fine bouche.


Weiden können eine hohe Artenvielfalt beherbergen. Bisher unklar war der Einfluss verschiedener Rinderrassen auf den Pflanzenbestand. Untersuchungen haben nun ergeben, dass auf Weiden von Hochlandrindern (einer anspruchslosen Extensivrasse) tendenziell weniger Gehölze und Weidezeiger wachsen als auf den Weiden produktiverer Rinderrassen. Weiden von Hochlandrindern beherbergen zudem mehr Pflanzenarten (wie im IBS-Newletter 141 bereits berichtet).
Den Grund hierfür vermuteten die Forschenden in Unterschieden im Fressverhalten der Tiere. In einer Folgestudie untersuchten sie deshalb die Futterselektion von drei Rinderrassen auf Bergweiden am Albulapass. Hier konnten die Rinder aus über 150 verschiedenen Pflanzenarten auswählen. Die Forschenden notierten, welche Pflanzen die Tiere frassen – und fanden deutliche Unterschiede zwischen den Rassen.
Rinder bevorzugen zwar generell nährstoffreiche Pflanzen und verschmähen nährstoffarme. Aber nicht alle Rinderrassen sind gleich wählerisch: Hochlandrinder waren weniger selektiv und frassen mehr verschiedene Pflanzenarten als die beiden anderen untersuchten Rassen mit höherer Produktivität (Original Braunvieh, Angus-Holstein-Kreuzung).
Die Rinder vermieden zudem generell zähe Pflanzenarten und solche, die sich durch Giftstoffe, Dornen oder Stacheln vor dem Frass schützen. Doch auch hier zeigten sich Unterschiede zwischen den Rassen: Hochlandrinder liessen sich von den Abwehrstrategien der Pflanzen weniger beeindrucken. Eine Hochlandkuh frass sogar einen kompletten Eisenhut, von der wenige Gramm einen Menschen töten können.
Durch die moderne Zucht sind Tiere mit hohen Futteransprüchen entstanden, die durch ihr Fressverhalten die Dominanz von wenigen, gut angepassten Arten begünstigen. Deshalb ist die Vegetation ihrer Weiden tendenziell artenärmer als die Weidevegetation von züchterisch weniger veränderten Rindern, die ihre Futterpflanzen weniger streng selektieren. Extensivrinder leisten dadurch einen wertvollen Beitrag zum Erhalt von artenreichem Grünland.

Quelle: Agroscope


Keywords:
Landwirtschaft, Weiden, Nutztierrassen, Futterselektion

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Pauler C. M., Isselstein J., Suter M., Berard J., Braunbeck T., Schneider M.K. (2020): Choosy grazers: Influence of plant traits on forage selection by three cattle breeds. Functional Ecology.

Pauler C.M., Isselstein J., Braunbeck T., Schneider M.K. (2019): Influence of Highland and production-oriented cattle breeds on pasture vegetation: A pairwise assessment across broad environmental gradients. Agriculture, Ecosystems & Environment, 284.


https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167880919302014
https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2435.13542

Kontaktadresse:
Manuel Schneider
Agroscope
Reckenholzstr. 191
CH-8046 Zürich
manuel.schneider@agroscope.admin.ch
Tel: +41 (0)58 468 75 98


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