18.2.2020: Forschung international
Auch tote Tiere sind wichtig fürs Ökosystem
Les animaux morts aussi sont importants pour l’écosystème
Roel van Klink et al.
Tierkadaver spielen eine wichtige Rolle für die Artenvielfalt und das Funktionieren von Ökosystemen. Kadaver bieten nicht nur vielen Tierarten Nahrung, ihre Nährstoffe tragen auch zu einem lokal verstärkten Pflanzenwachstum bei. Dies begünstigt wiederum viele pflanzenfressende Insekten und deren Räuber.
Les cadavres d’animaux jouent un rôle important dans la biodiversité et le fonctionnement des écosystèmes. Non seulement les carcasses fournissent de la nourriture à de nombreuses espèces animales, mais leurs nutriments contribuent également à la croissance plus forte des plantes au niveau local. Cela favorise à son tour de nombreux insectes herbivores et leurs prédateurs.
Im niederländischen Wildnisreservat Oostvaardersplassen, einem der grössten Feuchtgebiete Mitteleuropas, wurde untersucht, wie sich Kadaver von Rothirschen auf die lokale Artenvielfalt auswirken. Dazu erfassten die Forschenden zum einen das Vorkommen von Insektenarten auf Flächen mit und ohne Kadaver, zum anderen das Pflanzenwachstum in unmittelbarer Nähe zum Kadaver. Dabei fanden sie, dass die Kadaver nicht nur vielen Aas fressenden Insekten wie Fliegen und Käfern direkt zugutekommen, sie wirken sich langfristig auch positiv auf das Pflanzenwachstum aus.
Bestimmte Pflanzenarten wurden in der Nähe der Kadaver über fünfmal so gross wie an anderen Standorten, was wiederum die Zahl pflanzenfressender Insekten und ihrer Räuber auf das Vierfache erhöhte. Dass die Kadaver noch nach Monaten einen grossen Einfluss auf die gesamte Nahrungskette vor Ort haben, und dies selbst auf so nährstoffreichen Böden wie in den Oostvaardersplassen, überraschte selbst die Forschenden.
Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Rolle von Tierkadavern im Ökosystem. Während Totholz in den Wäldern von der Bevölkerung immer besser akzeptiert wird, ist der Anblick toter Tiere in der Natur jedoch oft noch ein gesellschaftliches Tabu. Das sei schade angesichts ihres wichtigen Wertes für die Ökosysteme und Biodiversität. Auch Gesetze erschweren es, die Kadaver grosser Tiere in Naturschutzgebieten zu belassen. Die Autoren empfehlen, diese Regelungen für Naturschutzgebiete zu überdenken.
Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Keywords:
Aas, Kadaver, Nahrungskette, Ökosystem, Naturschutzgebiet
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
van Klink R., van Laar-Wiersma J., Vorst O., Smit C. (2020): Rewilding with large herbivores: Positive direct and delayed effects of carrion on plant and arthropod communities. PLOS ONE 15 (1).
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0226946
Kontaktadresse:
Dr. Roel van Klink, Synthesezentrum sDiv, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), Deutscher Pl. 5e, D-04103 Leipzig
roel.klink@idiv.de
Tel: 49 (0)341 9733135
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