18.2.2020: Forschung international

Pilze sind älter als gedacht

Champignons plus vieux qu’on ne le pensait



Steeve Bonneville et al.

Die ersten Pilze tauchten bereits 300 Millionen Jahre früher auf, als die Wissenschaft bisher geglaubt hatte. Pilze waren vermutlich wichtige Partner für die ersten Pflanzen, die die Kontinente besiedelt haben.

Les premiers champignons sont apparus 300 millions d’années plus tôt que ce que les scientifiques croyaient jusqu’à présent. Les champignons ont probablement été des partenaires importants pour les premières plantes qui ont colonisé les continents.


Der Ursprung und die Entwicklung des Reichs der Pilze sind immer noch überaus geheimnisvoll. Nur zwei Prozent der heute lebenden Pilzarten konnten bisher bestimmt werden, und aufgrund ihrer empfindlichen Beschaffenheit sind ihre Fossilien extrem selten und schwer von anderen Mikroorganismen zu unterscheiden. Das bislang älteste bestätigte Pilzfossil wurde auf ein Alter von 460 Millionen Jahren datiert.
Eine Gruppe von Forschenden hat nun ein neues Pilzfossil entdeckt – das älteste, das je anhand seiner molekularen Zusammensetzung bestimmt wurde. Die versteinerten Überreste des Myzels, eines Netzwerks aus miteinander verbundenen mikroskopischen Strängen, wurden in Gesteinen entdeckt, deren Alter zwischen 715 und 810 Millionen Jahren liegt – eine Zeit in der Erdgeschichte, in der das Leben auf der Oberfläche der Kontinente noch jung war. Diese alten Gesteine, die in der Demokratischen Republik Kongo gefunden wurden und Teil der Sammlung des Afrikamuseums im belgischen Tervuren sind, haben sich in einer Lagune oder in einem Küstensee gebildet. Die Existenz von Pilzen in diesem Übergangsbereich zwischen Wasser und Land lässt vermuten, dass diese mikroskopisch kleinen Pilze wichtige Partner der ersten Pflanzen waren.
Frühere Pilzfossilien waren nur aufgrund der Morphologie organischer Überreste identifiziert worden, die mit Hilfe ätzender Säureverbindungen aus Gesteinen extrahiert worden waren. Diese Methode schädigt die Chemie der organischen Fossilien und erlaubt nur eine morphologische Analyse. Dies kann zu falschen Interpretationen führen, weil verschiedene Zweige lebender Organismen die gleichen morphologischen Merkmale haben.
Aus diesem Grund haben die Forschenden mehrere molekulare Analysetechniken auf mikroskopischer Ebene eingesetzt. Mit diesen Techniken war es möglich, die Chemie organischer Überreste direkt und ohne chemische Behandlung zu untersuchen. So konnten die Forschenden Spuren von Chitin nachweisen, einer sehr widerstandsfähigen Verbindung, die in den Zellwänden von Pilzen zu finden ist. Sie konnten auch nachweisen, dass die Organismen Eukaryoten waren, ihre Zellen also einen Kern hatten.
Dies ist eine wichtige Entdeckung, weil sie die heute gültige Zeitachse der Evolution der Organismen auf der Erde in Frage stellt. Der nächste Schritt der Forschenden wird sein, noch weiter in die Vergangenheit zu blicken, in noch ältere Gesteine, um nach Hinweisen auf jene Mikroorganismen zu suchen, die tatsächlich am Ursprung des Tierreichs stehen.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Keywords:
Evolution, Pilze, molekulare Analysetechniken

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Bonneville S., et al. (2020): Molecular identification of fungi microfossils in a Neoproterozoic shale rock. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.aax7599


Kontaktadresse:
Prof. Liane Benning, Sektionsleiterin Grenzflächen-Geochemie, Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Telegrafenberg, D-14473 Potsdam
liane.g.benning@gfz-potsdam.de
Tel: +49 (0)331 288-28970


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