23.9.2019: Aufgegriffen

Alte Landrassen könnten Mais fit machen für den Klimawandel

Faire face au changement climatique avec d’anciennes variétés de plantes locales de maïs



Es ist ein Schatz, der fast schon in Vergessenheit geraten ist: Von Hartmais gibt es in Europa tausende Landrassen mit einer riesigen genetischen Vielfalt. Doch der Maiszüchtung stand diese bisher nicht zur Verfügung, zu uneinheitlich war das Zuchtmaterial. Jetzt ist es Forschenden aus Deutschland gelungen, dieses Potenzial für die Züchtung zu erschliessen.

C’est un trésor qui est presque tombé dans l’oubli : il existe en Europe des milliers de variétés de maïs dur avec une énorme diversité génétique. Cependant, la sélection du maïs n’a pas eu accès jusqu’à présent, le matériel de sélection étant trop hétérogène. Des chercheurs allemands ont à présent réussi à exploiter ce potentiel de sélection.


Gelber Badischer Landmais, Rheintaler Ribelmais, Lacaune oder Lizagarotte – europäischer Mais hat rund 5000 Landrassen zu bieten. Diese Mais-Landrassen sind seit dem 16. Jahrhundert ohne systematische Züchtung entstanden und wurden bis in die 1960er-Jahre angebaut – und sie sind oft besonders gut an ihre Umweltbedingungen angepasst. Ein Umstand, der in Zeiten des Klimawandels von grosser Bedeutung ist.
Heute lagern diese Sorten vorwiegend in Genbanken. Die genetischen Ressourcen, die dort schlummern, müssen jedoch erst erschlossen und identifiziert werden. Erst dann kann das heutige Mais-Elitematerial mit den positiven Eigenschaften bereichert werden.
Bisher standen bei der Maiszüchtung primär Ertrag und Qualität im Fokus. Heute spielt der Klimawandel eine immer wichtigere Rolle: Denn häufigere Spätfröste setzen den Jungpflanzen zu, und frühe Hitzeperioden bereiten dem Pflanzenwachstum und der Pollenentwicklung Probleme. Da kommen die robusten Landrassen ins Spiel. Will man sie nutzen, gibt es jedoch ein Problem: Sie sind ausserordentlich heterogen. Doch um leistungsstarke Hybriden zu züchten, benötigt man reinerbige Mais-Linien.
Um aus den Landrassen reinerbiges Zuchtmaterial herzustellen, verwenden die Forschenden die Methode der sogenannten in vivo Haploideninduktion. Dazu säen sie den Mais zunächst aus und bestäuben ihn mit speziellen Induktorgenotypen. Es entstehen rund drei Prozent Samenkörner mit nur einem Chromosomensatz – und das nutzen die Forschenden.
Anhand der Farbausprägung des Embryos identifizieren sie diese Samen, lassen sie ankeimen und behandeln sie mit Colchizin. Das bewirkt eine Verdopplung des vorhandenen Chromosomensatzes. Die daraus entstehenden Pflanzen haben dann zwei identische Chromosomensätze. Den Forschenden gelingt es auf diese Weise, aus den Landrassen reinerbige Linien zu gewinnen.
Nun müssen die Eigenschaften der verschiedenen Linien geprüft werden. Dazu führen die Wissenschaftler mehrjährige Feldversuche durch und prüfen die Genotypen auf Ertrag und Qualität. Aus 350 doppelhaploiden Linien aus sechs Landrassen wurden so 125 Linien ausgewählt und Testkreuzungen durchgeführt.
Um die Besten zu finden, suchen die Forschenden nach genetischen Bausteinen, die mit den gewünschten Eigenschaften einhergehen. Mais hat etwa 40’000 Gene, und 95 Prozent der Merkmale einer Pflanze werden von mehreren Genen bestimmt. Wenn diese genetischen Muster bekannt sind, können im Vorfeld die vielversprechendsten Kandidaten ermitteln und so die Züchtung beschleunigen werden.
Die genetische Vielfalt ist nun für die Züchtung erschlossen und steht ihr künftig zur Verfügung. Das ist ein grosser Schritt dahin, Mais fitzumachen für den Klimawandel. Gleichzeitig unterstreicht das Projekt, wie wichtig es ist, alte Landsorten zu erhalten.

Quelle: Universität Hohenheim

Keywords:
Mais, Landsorten, genetische Vielfalt, Landwirtschaft, Züchtung


https://www.pflanzenforschung.de/de/plant-2030/fachinformationen/projektdatenbank/verbesserung-quantitativer-merkmale-durch-erschlieszlig-425

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Dr. h.c. Albrecht E. Melchinger
Universität Hohenheim
Fachgebiet Angewandte Genetik und Pflanzenzüchtung
Fruwirthstrasse 21
D-70599 Stuttgart

melchinger@uni-hohenheim.de


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