23.9.2019: Forschung international
Grünflächen in Städten fördern psychisches Wohlbefinden
Les espaces verts en ville favorisent le bien-être psychique
Heike Tost et al.
Ein Forscherteam konnte zeigen, dass Grünflächen unmittelbar das Wohlbefinden im Alltag von Stadtbewohnern verbessern. Grünflächen waren besonders für solche Menschen wichtig, deren Kapazität, negative Emotionen selbst zu regulieren, vermindert ist.
Une équipe de chercheurs a pu montrer que des espaces verts améliorent directement et au quotidien le bien-être des citadins. Les espaces verts étaient particulièrement importants pour les personnes dont la capacité à réguler les émotions négatives est réduite.
Seit wenigen Jahren leben nach Angaben der Vereinten Nationen mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land. Es wird geschätzt, dass bis zum Jahr 2050 sogar rund zwei Drittel aller Menschen in Städten leben werden. Das hat Folgen für die Gesundheit der Menschen: Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass in der Stadt aufgewachsene und gegenwärtig in der Stadt lebende Menschen anders auf Stress reagieren als Landbewohner und ein deutlich höheres Risiko haben, an Depression, Schizophrenie oder Angststörungen zu erkranken.
Ein interdisziplinär besetztes Forscherteam konnte nun zeigen, dass Grünflächen in Städten, also beispielsweise innerstädtische Bäume, Rasenflächen, Blumenbeete oder Parks, als wichtiger schützender Faktor angesehen werden können. Sie fanden heraus, dass der Anteil an Grünflächen in der Umgebung von Menschen direkte Auswirkungen auf deren Wohlbefinden im Alltag hat.
Die Forschenden konnten erstmals die positive Wirkung von Grünflächen in Städten auf die Gehirnfunktion beziehen. Dafür wurden zunächst 33 gesunde Stadtbewohner gebeten, mit Hilfe speziell ausgestatteter Smartphones binnen einer Woche rund neun Mal pro Tag ihre Stimmung zu bewerten. Die Teilnehmenden gingen in dieser Zeit wie gewohnt ihrem Alltag nach. Mit geoinformatischen Methoden wurden die von den Teilnehmenden zurückgelegten Wege nachvollzogen und Merkmale der Wegstrecken, vor allem einsehbare Grünflächen, ermittelt. Diese Informationen wurden mit der aufgezeichneten Stimmungssituation verknüpft. Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden in Situationen, in denen sie von einem höheren Anteil an Grünflächen in der Stadt umgeben waren, ein höheres Wohlbefinden anzeigten.
In einem zweiten Schritt wurden 52 weitere junge Erwachsene gebeten, auf dieselbe Weise ihre Stimmung im Alltag zu bewerten. Zusätzlich wurden die Teilnehmenden nach der siebentägigen Bewertungsphase einer funktionellen Magnetresonanztomographie unterzogen. Diese Methode erlaubt es, bestimmte Hirnfunktionen darzustellen.
Die Ergebnisse des ersten Durchgangs wurden durch die zweite Gruppe bestätigt. Zudem beobachteten die Forschenden eine verminderte Aktivität im dorsolateralen präfrontalen Cortex bei Menschen, die in ihrem Alltag besonders positiv auf Grünflächen reagierten. Der dorsolaterale präfrontale Cortex ist eine Hirnregion, die eine zentrale Kontrollfunktion bei der Verarbeitung negativer Emotionen und stressiger Umwelterfahrungen ausübt. Die Ergebnisse legen nahe, dass Grünflächen besonders für solche Menschen wichtig sind, deren Kapazität, negative Emotionen selbst zu regulieren, vermindert ist. Das dürfte gerade mit Blick auf die Planung gesundheitsförderlicher Städte sehr interessant sein. Denn entsprechend gut über eine Stadt verteilte Grünflächen könnten mit Blick auf psychische Erkrankungen ein erhebliches Präventionspotenzial entfalten.
Quelle: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Keywords:
Gesundheit, Grünflächen, Stadtnatur
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Tost H., Reichert M., Braun U., Reinhard I., Peters R., Lautenbach S., Hoell A., Schwarz E., Ebner-Priemer U., Zipf A. and Meyer-Lindenberg A., 2019; Neural correlates of individual differences in affective benefits of real-life urban green space exposure. Nature Neuroscieinces. 22(9), 1389-1393.
Link zur Studie
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Dr. Heike Tost
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
D-68159 Mannheim
heike.tost@zi-mannheim.de
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