18.6.2019: Forschung international
Hilfe zur Selbsthilfe für gestörte Ökosysteme – für Mensch und Natur
Aide pour un développement autonome d’écosystèmes perturbés – pour les êtres humains et la nature
Andrea Perino et al.
Ob kleinere Auenlandschaften oder ganze Nationalparks: Der Erfolg von Renaturierungsprojekten hängt nicht nur davon ab, ob einzelne Pflanzen- oder Tierarten in einem Gebiet wieder langfristig leben können. Wie ein internationales Forscherteam zeigt, geht es vielmehr darum, dem geschädigten Ökosystem zu helfen, sich selbst zu regenerieren und zu erhalten. In ihrer Publikation beschreiben sie, wie sogenannte «Rewilding»-Massnahmen besser geplant und umgesetzt werden können – und welche Vorteile sich daraus für den Menschen ergeben.
Qu’il s’agisse de petites zones alluviales ou de parcs nationaux entiers : le succès des projets de revitalisation ne dépend pas que de la capacité de certaines espèces végétales ou animales à y vivre de nouveau à long terme. Comme le montre une équipe internationale de chercheur·es, il s’agit plutôt d’aider les écosystèmes endommagés à se régénérer spontanément et à se préserver. Dans leur publication, les scientifiques décrivent comment mieux planifier des mesures dites de « rewilding » et les mettre en œuvre – et quels avantages en résulteront pour les êtres humains.
Der Bau von Strassen, Siedlungen und Fabriken sowie die intensive Landwirtschaft haben die Natur weltweit stark in Mitleidenschaft gezogen. Viele Ökosysteme sind deshalb heute nicht mehr in der Lage, wichtige Aufgaben (z.B. den Hochwasserschutz) zu erfüllen. Seit einigen Jahrzehnten gibt es weltweit Projekte, die darauf abzielen, bestimmte Regionen wieder naturnaher zu gestalten.
Ein bekannter Ansatz ist dabei das sogenannte Rewilding. Dabei richtet man den Blick auf das Ökosystem als Ganzes und versucht durch gezielte Massnahmen, seine Funktionalität wiederherzustellen. Ziel ist ein Ökosystem, das sich auf lange Sicht weitgehend ohne menschliche Hilfe regeneriert und selbst erhält. Gleichzeitig dient das Rewilding auch dazu, den Menschen den ästhetischen und ideellen Wert der Natur zugänglich zu machen.
Auf Basis eines Literatur-Reviews entwickelten die Forschenden ein theoretisches Konzept, wie Rewilding-Projekte geplant und durchgeführt werden können. Gemäss diesem Konzept sollen die folgenden Aspekte berücksichtigt werden: die trophische Komplexität, stochastische Störungen, Ausbreitung, Integration verschiedener ökologischer Prozesse und die gesellschaftlichen Präferenzen. Diese Konzept prüften sie an vier sehr unterschiedlichen Beispielen: Leipziger Auwald (Deutschland), Schweizerischer Nationalpark, Tijuca National Park (Rio de Janeiro, Brasilien) und Sperrzone Tschernobyl (Weissrussland).
Die unterschiedlichen Beispiele machten klar: Es gibt nicht das eine ideale Ökosystem, das man durch bestimmte Massnahmen herstellen könnte. Stattdessen kommt es vielmehr darauf an, die Funktionen des jeweiligen Ökosystems zu betrachten, die Störungen in diesem System zu analysieren und daraus geeignete Massnahmen abzuleiten, um die gestörten Prozesse wiederherzustellen und gleichzeitig auf eine Verringerung menschlicher Eingriffe abzuzielen.
Klar wurde auch, dass nicht jedes Gebiet für alle Rewilding-Massnahmen geeignet ist. Zudem müssen stets die geografischen und auch die gesellschaftlichen Möglichkeiten vor Ort berücksichtigt und die Bevölkerung vor Ort mit in die Projekte einbezogen werden; nur so zeigen die Projekte Erfolg.
Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Keywords:
Renaturierung, Wiederherstellung, Ökosystemleistungen, Auen, Sensibilisierung, Rewilding
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Perino A. et al. (2019). Rewilding complex ecosystems. Science, 364(6438), eaav5570.
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Kontaktadresse:
Andrea Perino
Forschungsgruppe Biodiversität und Naturschutz
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Deutscher Platz 5e
04103 Leipzig
andrea.perino@idiv.de
Tel: +49 (0) 341 9733261
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