7.5.2019: Forschung CH

Zu viele Pflanzenschutzmittel in kleinen Bächen

Trop de produits phytosanitaires dans les petits ruisseaux



Simon Spycher et al. & Marion Junghans et al.

Zwei Studien bestätigen, dass Gewässer in landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebieten stark mit Pflanzenschutzmitteln belastet sind. Die Konzentrationen einzelner Stoffe stellen über Monate hinweg ein akut toxisches Risiko für Pflanzen und Tiere im Wasser dar. Pro Standort wurden zwischen 71 und 89 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Untersuchungen der Artenvielfalt in den Bächen und Biotests verdeutlichen die Gefahr, welche von diesen Stoffgemischen ausgeht.

Deux études confirment que les eaux de bassins versants exploités à des fins agricoles sont fortement contaminées par des produits phytosanitaires en Suisse. Les concentrations de chaque substance durant plusieurs mois présentent un risque toxique aigu pour les plantes et les animaux aquatiques. Entre 71 et 89 substances actives différentes ont été détectées par site. Les études sur la biodiversité dans les ruisseaux et les biotests mettent en évidence le danger que représentent les mélanges de substances.


Zwischen März und Oktober 2017 haben Forschende der Eawag und des Oekotoxzentrums Proben aus fünf kleineren Bächen regelmässig auf Pflanzenschutzmittel untersucht. Unterstützt wurden sie dabei von fünf Kantonen und der Plattform Wasserqualität des VSA (Verband Schweizer Abwasser und Gewässerschutzfachleute). Die Untersuchung erfolgte im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU im Rahmen der «Nationalen Beobachtung Oberflächengewässerqualität» NAWA.
Die Forschenden wiesen bedenklich vielfältige Stoffmischungen nach, die ein langanhaltendes Risiko für die Lebewesen in Bächen darstellen. Pro Standort wurden zwischen 71 und 89 Wirkstoffe gefunden (145 Stoffe insgesamt). Umweltqualitätskriterien (für jeden Stoff aus Tests abgeleitet) wurden in allen fünf Bächen überschritten. Über dreieinhalb bis sechseinhalb Monate lang bestand ein Risiko für eine chronische Schädigung der Organismen im Bach. Während 14 bis 74 Tagen war das Risiko so hoch, dass mit akuten Beeinträchtigungen der Lebensgemeinschaften gerechnet werden muss. Zu diesem Befund führten einzelne besonders problematische Stoffe, aber letztendlich auch die ganze Mischung aus Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden und weiteren Mitteln. Im Eschelisbach (TG) lag dieses berechnete Risiko bis 36 mal, im Weierbach (BL) bis 50 mal über der Schwelle, ab welcher negative Effekte auf Fortpflanzung, Entwicklung und Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen befürchtet werden müssen. Für Pflanzen wurde dies zusätzlich mit einem Algentest überprüft. Bei den wirbellosen Tieren zeigte sich, dass empfindliche Arten an belasteten Standorten schlicht fehlten.

Die hohe Zahl an Pestiziden in Schweizer Gewässern ist schon länger bekannt. Doch Ergebnisse von früheren Studien wurden in Frage gestellt: Die gewählten Gewässer seien nicht repräsentativ und es sei unklar, welcher Anteil der Wirkstoffe aus nicht-landwirtschaftlichen Anwendungen stammten. Für die vorliegende Studie haben die Forschenden aufgezeigt, dass in den beprobten Bächen praktisch keine Siedlungsabwässer mitgemessen werden und dass die Standorte zwar in intensiv genutzten Einzugsgebieten liegen, aber durchaus nicht aussergewöhnlich sind.

Quelle: Eawag


Keywords:
Landwirtschaft, Pestizide, Kleingewässer, Ökotoxikologie

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Spycher S., Teichler R., Vonwyl E., Longrée P., Stamm C., Singer H., Daouk S., Doppler T., Kunz M., Junghans M., Langer M., Baumgartner C., Vermeirssen E., Werner I. (2019): Anhaltend hohe PSM-Belastung in Bächen. Aqua & Gas 4, 14-25.

Junghans M., Langer M., Baumgartner C., Vermeirssen E., Werner I. (2019): Ökotoxikologische Untersuchungen: Risiko von PSM bestätigt. Aqua & Gas 4, 26-34.

https://www.eawag.ch/fileadmin/Domain1/News/2019/04/02/fa_junghans_oekotoxikologische_untersuchungen.pdf
https://www.eawag.ch/fileadmin/Domain1/News/2019/04/02/fa_spycher_psm_belastung.pdf

Kontaktadresse:
Christian Stamm
Eawag
Überlandstrasse 133
CH-8600 Dübendorf

christian.stamm@eawag.ch
Tel: +41 (58) 765 55 65


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