15.2.2005: Forschung CH
Wie ökologisch sind Golfplätze?
Birrer S., Graf R., Bolzern H., Röösli T.
Neuste Forschungsresultate zeigen, dass Golfplätze unter bestimmten Bedingungen eine Chance für die Natur sein können. Um das ökologische Potenzial von Golfplätzen zu erhöhen, haben Wissenschaftler Empfehlungen und Vorgaben für den Bau und die Pflege von Golfplätzen erarbeitet.
Um die Diskussion um die Einrichtung von Golfplätzen zu versachlichen, haben Roman Graf und Simon Birrer von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach in den letzten Jahren nach Antworten auf die Frage gesucht, ob Golfplätze Tier- und Pflanzenarten zum Verschwinden bringen oder aber eine Chance für die Natur darstellen. Dazu wurde die Artenvielfalt von drei Golfplätzen in der Schweiz untersucht und entweder mit dem ökologischen Zustand vor dem Bau oder mit der Flora und Fauna von angrenzenden Referenzflächen verglichen. Graf und Birrer kommen zum Schluss, dass Golfplätze vor allem dann attraktive Lebensräume bieten, wenn ökologische Kriterien bereits in der Planung berücksichtigt wurden. Ausserdem müssen genügend zusammenhängende Ausgleichsflächen vorhanden und deren Pflege auf die Ansprüche seltener Tier- und Pflanzenarten ausgerichtet sein.
Kein Vorbild ist der Golfplatz Dietschiberg im Kanton Luzern, der bereits 1904 den Betrieb aufgenommen hat. Es handelt sich um einen Golfplatz traditioneller Machart mit vielen exotischen Bäumen und Sträuchern sowie riesigen Rasenflächen. Er verfügt nur über wenige naturnahe Lebensräume, und sogar die Roughs werden fast ausnahmslos rasenartig kurz gehalten. Dementsprechend bleiben sogar anspruchslosere Vogelarten wie die Goldammer oder der Neuntöter dem Gelände fern. Ganz anders die Golfplätze Holzhäusern und Sempachersee: Auf dem Golfplatz Sempachersee mussten zwar 380 Meter Hecken und 90 Einzelbäume weichen, als Kompensation wurden aber 2,3 Kilometer neue Hecken und 270 hochstämmige Obstbäume gepflanzt. Ausserdem entstanden mehrere Teiche und Feuchtgebiete. Eingedolte Bäche wurden wieder ausgegraben und naturnah gestaltet. Diese Massnahmen kamen der Vogelwelt zugute: Bei den Brutvögeln stieg die Anzahl Arten von 25 auf 32. Vor allem Gewässer bewohnende Arten wie der Zwergtaucher oder der Sumpfrohrsänger profitierten von den neu angelegten Lebensräumen.
Birrer und Graf weisen allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die Golfplätze Sempachersee und Holzhäusern auf Flächen gebaut wurden, die zuvor intensiv landwirtschaftlich genutzt wurden. So dominierten monotone Maisäcker und Kunstwiesen das Landschaftsbild bei Holzhäusern. In solchen Fällen stellen Golfplätze eine Bereicherung für die Artenvielfalt dar, erklärt Graf. Würden die Golfplätze aber in einer vielfältigen und mehrheitlich extensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft mit vielen gewachsenen Strukturen liegen, müsste mit einer Abnahme der Artenvielfalt gerechnet werden – selbst wenn ein noch so naturnah gepflegter Golfplatz entstehen würde. Golfplätze in solchen Regionen müssten deshalb aus Naturschutzgründen abgelehnt werden.
Keywords:
Golfplatz, ökologische Ausgleichsflächen, Vögel
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Graf R., Bolzern H., Röösli T. (2004): Können auf Golfplätzen Naturschutzziele erreicht werden? Naturschutz und Landschaftspflege 36, 311320.
Birrer S., Graf R. (2004): Golfplätze als Lebensraum für Brutvögel. Der Ornithologische Beobachter 101, 233-246.
Kontaktadresse:
Roman Graf, Simon Birrer, Schweizerische Vogelwarte, CH-6204 Sempach
simon.birrer@vogelwarte.ch, roman.graf@vogelwarte.ch
Tel: +41 (0)41 462 97 00
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