22.3.2019: Forschung international

Unklare Wirkung von Massnahmen zum Schutz von Fledermäusen bei Windenergieanlagen

Effets incertains des mesures de protection des chauves-souris des installations éoliennes



Cosima Lindemann et al.

Um Kollisionen von Fledermäusen mit Windkraftanlagen zu minimieren, wird unter anderem empfohlen, die Anlagen zeitweise abzuschalten («fledermausfreundliche Abschaltalgorithmen»). In Deutschland ist dies die am häufigsten eingesetzte Schutzmassnahme. Inwieweit diese Massnahme den Fledermäusen hilft, ist allerdings noch zu wenig gut untersucht. Um den Fledermausschutz zu verbessern, empfehlen Forschende, die bisherige Genehmigungspraxis für Windenergieanlagen anzupassen.

Pour réduire le nombre de collisions entre les chauves-souris et les éoliennes, il est recommandé, entre autres, d’arrêter temporairement les installations («algorithmes d’arrêt adaptés aux chauves-souris»). En Allemagne, il s’agit de la mesure de protection la plus fréquemment utilisée. Cependant, il est encore trop peu étudié à quel point ces mesures sont favorables aux chauves-souris. Afin d’améliorer la protection des chauves-souris, les chercheurs recommandent d’adapter les pratiques en matière d’autorisation appliquées jusqu’à présent pour les installations éoliennes.


Windkraftanlagen sind für Fledermäuse eine Gefahr. Die nachtaktiven Tiere, die sich mithilfe ihrer Ultraschall-Rufe orientieren, nehmen drehende Rotoren kaum wahr. Sogenannte «fledermausfreundliche Abschaltalgorithmen» sind einfach realisierbar und sind in Deutschland inzwischen die häufigste Massnahme, um betriebsbedingte Fledermaus-Tötungen an Windenergieanlagen zu reduzieren. Bislang fehlt allerdings eine fachliche Diskussion zu dieser Methode; so ist nicht sicher, ob ihre aktuelle Umsetzung den Anforderungen des Artenschutzes genügt.
Tatsächlich stellen technische Einschränkungen bei der Erfassung von Fledermäusen mittels Detektoren die aktuelle Vorgehensweise bei der Ermittlung von standortspezifischen Abschaltungen in Frage. So werden die Rufe der Pipistrellus-Arten (Zwerg-, Mücken- und Rauhautfledermaus) erst erfasst, wenn sich die Tiere 30 Meter oder noch näher am Mikrofon befinden. Dann sind sie aber bereits im Luftraum der Rotoren moderner Anlagen. Auch tiefer rufende Arten wie Abendsegler (Nyctalus sp.), Breitflügelfledermäuse (Eptesicus sp.) oder die Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus) können innerhalb des Rotorradius nicht zuverlässig erkannt werden. Hinzu kommt, dass kumulative Effekte gänzlich unberücksichtigt bleiben. Die Autoren kommen ausserdem zum Schluss, dass Schwellenwerte für die Anzahl toter Fledermäuse pro Windenergieanlage und Jahr populationsbiologisch nicht begründbar sind und somit grosse Risiken für die Arten darstellen; sie dürften zudem mit dem europäischen Artenschutzrecht nicht konform sein.
Um den Fledermausschutz zu verbessern, empfehlen die Autoren, die bisherige Genehmigungspraxis für Windenergieanlagen anzupassen. So sind zusätzliche Detektoren auf Höhe der unteren Rotorspitze anzubringen, um die Erfassung von sich nähernden Fledermäusen zu verbessern. Nötig sind einheitliche Bewertungsstandards sowie biologisch und juristisch sinnvolle Schwellenwerte, die auf Evidenz basieren und u.a. auf populationsbiologische Untersuchungen abgestützt sind. Generell sind Schwellenwerte pro Anlage abzulehnen, da sie kumulative Effekte über verschiedene Anlagen und längere Zeitperioden ausser Acht lassen. Solange keine anwendbaren Schwellenwerte verfügbar sind, muss das Vorsorgeprinzip zum Tragen kommen (das heisst ggf. Standortverzicht). Um die Datengrundlagen für die Ermittlung von Populationsgrössen und die Verluste durch unabsichtliche Tötungen zu verbessern, erachten die Autoren die Etablierung von Fledermausschutzwarten (entspricht in etwa den Fledermausschutzbeauftragte und Quartierbetreuende in der Schweiz) als unabdingbar.

Quelle: NABU Rheinland-Pfalz


Keywords:
Windenergieanlagen, Windräder, Fledermäuse, fledermausfreundliche Abschaltalgorithmen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Lindemann C., Runkel V., Kiefer A., Lukas A, Veith M. (2018): Abschaltalgorithmen für Fledermäuse an Windenergieanlagen. Eine naturschutzfachliche Bewertung. Naturschutz und Landschaftsplanung 50 (11), 418-425.

PDF Link

Kontaktadresse:
NABU Rheinland-Pfalz, Cosima Lindemann
Frauenlobstr. 15-19, D-55118 Mainz

cosima.lindemann@nabu-rlp.de


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