14.2.2019: Forschung international

Rückgang der Tagfalter in Deutschland auch im Natura-2000-Netzwerk

En Allemagne, les papillons diminuent aussi dans le réseau Natura 2000



Stanislav Rada et al.

Mithilfe von Langzeitdaten haben Forschende Zustand und Entwicklung der Schmetterlinge auf Natura-2000-Flächen und in angrenzenden Gebieten untersucht. Innerhalb der Schutzgebiete war die Vielfalt höher als ausserhalb, was für die Effektivität des Netzwerkes spricht. Allerdings gehen die Artenzahlen innerhalb der Schutzgebiete im gleichen Tempo zurück wie ausserhalb. Handlungsbedarf orten die Forschenden vor allem beim Management und bei der Pflege der Schutzgebiete.

À l’aide de données à long terme, des chercheurs ont étudié l’état et l’évolution des papillons sur des surfaces Natura 2000 et des zones adjacentes. La diversité était plus grande à l’intérieur des zones protégées qu’à l’extérieur, ce qui témoigne de l’efficacité du réseau. Toutefois, le nombre d’espèces au sein des zones protégées diminue au même rythme qu’en dehors de celles-ci. Les chercheurs relèvent une nécessité d’agir surtout dans la gestion et l’entretien de ces zones protégées.


Die Idee klingt eigentlich gut: Ein Mosaik von geschützten Wäldern und Mooren, Seen, Flüssen und anderen Lebensräumen soll den bedrohten Pflanzen und Tieren Europas eine Zuflucht bieten. Schon seit 1992 ist die EU dabei, das «Natura 2000» genannte Netz aus Schutzgebieten aufzubauen. Mittlerweile umfasst es schon mehr als 18 Prozent der Landoberfläche der EU und gehört zu den wichtigsten Bausteinen des europäischen Naturschutzes. Aber wie wirkungsvoll ist es eigentlich? Kann es den grassierenden Artenschwund tatsächlich aufhalten? Diese Frage wurde nun in Deutschland am Beispiel der Tagfalter untersucht.
Tagfalter gelten als gute Indikatoren für den Zustand einer Landschaft, denn sie spielen als Bestäuber, Pflanzenfresser und Nahrungsquelle für Vögel und andere Tiere eine wichtige Rolle im Ökosystem. Vor allem aber sind die Vorkommen von Tagfaltern vergleichsweise gut untersucht. Im Rahmen eines Bürgerforschungsprojekt namens «Tagfalter-Monitoring Deutschland» werden seit 2005 Deutschlandweit Informationen über die Vorkommen der Tiere durch mehr als 500 Freiwillige zusammenzutragen.
Aufgrund dieser Daten konnten die Forschenden feststellen, dass der Schutzstatus für die insgesamt 122 erfassten Falter-Arten einen Unterschied macht. Durchschnittlich wurden ausserhalb der Schutzgebiete (0 - 8km Entfernung) 18 Arten gezählt, innerhalb waren es dagegen 21. Das weisst darauf hin, dass die Natura-2000-Flächen einen guten Querschnitt von besonders wertvollen Flächen repräsentieren. Die relativ hohe Artenvielfalt ausserhalb der angrenzenden Flächen führen die Forschenden auf zwei Mechanismen zurück: Zum einen hören die qualitativ hochstehenden Schmetterlingslebensräume in den Schutzgebieten nicht schlagartig an der Grenze auf, sondern fransen oft ins Umland aus; zum anderen wandern Schmetterlinge aus den Quellpopulationen in den Schutzgebieten in die umliegende Landschaft. Die Daten geben den Forschenden Recht: Je weiter weg die Untersuchungsflächen von den Schutzgebieten entfernt lagen, desto geringer war die Artenvielfalt.
Zu denken gibt den Forschenden die Veränderung der Faltervielfalt zwischen 2005 und 2015. Demnach gab es in dieser Periode innerhalb wie ausserhalb der Schutzgebiete einen Rückgang an Schmetterlingsarten von etwa zehn Prozent. Die Forschenden vermuten, dass die Verluste innerhalb der Schutzgebiete auf mehrere Faktoren zurückzuführen sind: Dazu gehören die Lebensraumfragmentierung und der Klimawandel, vor allem aber die Abnahme der Lebensraumqualität durch eine nicht fachgerechte Pflege von Kulturbiotopen wie Wiesen und Weiden.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)


Keywords:
Tagfalter, Schutzgebiete, Natura-2000-Netzwerk, Artenschwund, Ökologische Infrastruktur

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Rada S., Schweiger O., Harpke A., Kühn E., Kuras T., Settele J., Musche M. (2018): Protected areas do not mitigate biodiversity declines: A case study on butterflies. Diversity and Distributions, 25: 217-224, https://doi.org/10.1111/ddi.12854
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ddi.12854

Kontaktadresse:
Martin Musche
Department of Community Ecology
Helmholtz Centre for Environmental Research - UFZ
Theodor-Lieser-Str. 4
06120 Halle, Germany

martin.musche@ufz.de
Tel: + 49 (0)345 558 5310


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