8.12.2004: Forschung CH

Artenreicher ist schöner!




Xenia Junge

Inwiefern sind Menschen in der Lage, artenreiche Lebensräume zu erkennen? Wie wird biologische Vielfalt ästhetisch bewertet? Menschen können artenreichere von artenärmerer Vegetation grundsätzlich unterscheiden, zeigen aber beträchtliche Wahrnehmungsschwächen hinsichtlich Artenvielfalt. Artenreiche Pflanzengemeinschaften werden ästhetisch deutlich höher bewertet als artenarme.

Wahrnehmung und Wertschätzung pflanzlicher Biodiversität durch die Bevölkerung
Artenreiche Lebensräume werden unter anderem aufgrund ihrer ökosytemaren Funktionen als besonders wertvoll und schützenswert angesehen. In Anbetracht des gegenwärtig grossen Verlustes an Artenvielfalt ist es wichtig, Menschen auf den Wert biologischer Vielfalt aufmerksam zu machen. Es gibt aber kaum Hinweise darauf, ob Artenreichtum von der Bevölkerung überhaupt wahrgenommen und geschätzt wird. Um die Wahrnehmung und Wertschätzung pflanzlicher Vielfalt durch die Bevölkerung zu untersuchen, wurden in der Diplomarbeit zwei sich ergänzende Untersuchungen durchgeführt. In der ersten Untersuchung wurden 423 zufällig ausgewählten Besucherinnen und Besuchern des Botanischen Gartens Zürich experimentell zusammengestellte Wiesen unterschiedlicher Diversität präsentiert. In der zweiten Untersuchung wurden unterschiedlich artenreiche Flächen in Säumen markiert und 217 vorbeikommenden Passantinnen und Passanten präsentiert. Die Teilnehmenden wurden gebeten, die Anzahl verschiedener Pflanzenarten in den präsentierten Pflanzengemeinschaften zu schätzen und anzugeben, wie gut ihnen die Pflanzengemeinschaften gefallen. Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen artenreichere von artenärmeren Pflanzen-gemein-schaften grundsätzlich unterscheiden können. Artenreichere Pflanzen-gemeinschaften wurden jedoch in ihrem tatsächlichen Artenreichtum stark unterschätzt, wohingegen artenärmere Gemeinschaften in ihrer Artenzahl stark überschätzt wurden. Je besser die Pflanzenkenntnisse einer Person waren, desto besser schätzte sie die Anzahl Arten in den präsentierten Wiesen und Saumparzellen. Die Ergebnisse zeigen auch, dass Menschen artenreiche Pflanzengemeinschaften besonders wertschätzen. Die häufigste Begründung für die positive Bewertung einer Wiese oder Saumparzelle war ihre Vielfalt. Diese damit geäusserte Wertschätzung an biologischer Vielfalt liefert einen wichtigen Beitrag zur politischen Argumentation im Naturschutz, da ein nachhaltiger Schutz biologischer Vielfalt nur dann möglich ist, wenn er auf eine breite Akzeptanz in der Öffentlichkeit stösst. Doch die Ergebnisse zeigen auch, dass beträchtliche Schwächen in der Wahrnehmung von Artenvielfalt bestehen. Eine Schulung der Pflanzenkenntnisse könnte zu einer verbesserten Wahrnehmung von Arten und ihrer Vielfalt führen und einen Beitrag zum Erhalt biologischer Vielfalt leisten.

Keywords:
Wahrnehmung, Wertschätzung, Bevölkerung

Art der Publikation:
Diplomarbeit

Literatur:
Junge, X. (2004): Wahrnehmung und Wertschätzung pflanzlicher Biodiversität durch die Bevölkerung. Institut für Umweltwissenschaften, Universität Zürich und Fachbereich Biologie, Universität Marburg.

Kontaktadresse:
Xenia Junge, Petra Lindemann-Matthies,
Institut für Umweltwissenschaften,
Winterthurerstr. 191
CH-8057 Zürich
xenia@uwinst.unizh.ch
petral@uwinst.unizh.ch
xenia@uwinst.unizh.ch
Tel: ++41 (0)1 635 4747 / 4741
Fax: ++41 (0)1 635 5711

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