4.9.2018: Forschung international
Die Artbildungsrate ist in Polarmeeren doppelt so hoch wie in warmen Korallenriffen
Le taux de spéciation dans les mers polaires est deux fois plus élevé que dans les récifs coralliens
Daniel L. Rabosky et al.
Warme tropische Küstenmeere sind die Heimat von bis zu 1000-mal mehr Arten von Fischen als die kalten Polarmeere. Die Abnahme der Artenzahl von den Tropen zu den Polen ist in der Biodiversitätsforschung schon lange bekannt und wird in den meisten Lehrbüchern mit einer höheren Entstehungsrate neuer Arten in tropischen Korallenriffen, Lagunen oder Mangrovenwäldern erklärt. Eine neue Studie hat jetzt aber mit Hilfe genetischer Analysen herausgefunden, dass in den letzten Millionen Jahren die Entstehungsrate neuer Arten in kalten Gewässern in hohen Breitengraden etwa doppelt so hoch war wie in den Tropen.
Les eaux territoriales chaudes et tropicales abritent jusqu’à 1000 fois plus d’espèces de poissons que les mers polaires froides. Le déclin du nombre d’espèces des tropiques aux pôles est connu déjà depuis longtemps dans la recherche sur la biodiversité. Il est expliqué dans la plupart des manuels scolaires avec un taux plus élevé de création de nouvelles espèces dans les récifs coralliens, les lagunes ou les forêts de mangroves dans les régions tropicales. Une nouvelle étude a cependant déterminé avec l’aide des analyses génétiques qu’au cours des derniers millions d’années, le taux de création de nouvelles espèces dans les eaux froides à des latitudes élevées a été environ deux fois plus élevé que dans les tropiques.
Die Tropen gelten als besonders artenreich, ob an Land im Regenwald oder in den Korallenriffen unter Wasser. Dagegen werden die Polargebiete mit ihrem lebensfeindlichen Klima an Land wie im Wasser nur von wenigen Organismen bevölkert. Daher erscheint es auch nur logisch anzunehmen, dass neue Arten eher in den warmen Gefilden unseres Planeten entstehen als in den Polarregionen. Eine neue Studie kommt zum gegenteiligen Ergebnis: Gerade die eisigen Polargebiete sind bei marinen Fischen Zentren für die Entstehung neuer Arten. Die Ergebnisse sind unerwartet und kontraintuitiv, da man eigentlich erwarten würde, dass eine hohe Rate von Artentstehung auch zu einer hohen Anzahl von Arten führt. Aber diese Rate hängt vom Gleichgewicht zwischen der Entstehung neuer Arten und dem Aussterben bestehender Arten ab. Eine höhere Rate des Aussterbens in kalten Gewässern, zum Beispiel durch den Verlust von Lebensraum während der Eiszeiten, könnte das vermeintlich widersprüchliche Ergebnis von hoher Artentstehungsrate und geringer Artenzahl erklären. Raten des Aussterbens sind aber schwer zu bestimmen und liegen für marine Fische bisher noch nicht vor.
Die Studie ist von hoher Relevanz, da ohne ein Verständnis, wie die biologische Vielfalt durch Evolution entsteht, auch kein wirksamer Schutz möglich ist. Sie liefert wichtige Argumente für einen verbesserten Schutz der Polarregionen, in denen die Artbildungsraten offenbar sehr hoch sind.
Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
Keywords:
Artenentstehung, Korallenriffe, Polarmeere, Evolution
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Rabosky, D. L. et al. (2018). An inverse latitudinal gradient in speciation rate for marine fishes. Nature, 559(7714), 392-395
https://www.geomar.de/news/article/ein-kalter-widerspruch/
https://doi.org/10.1038/s41586-018-0273-1
Kontaktadresse:
Daniel L. Rabosky, Museum of Zoology, Department of Ecology and Evolutionary Biology, University of Michigan, Ann Arbor, MI, USA
drabosky@umich.edu
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