4.9.2018: Forschung CH
Biodiversitätsförderflächen bewahren Heuschreckenvielfalt
Les surfaces de promotion de la biodiversité préservent la diversité des orthoptères
Jürg Schlegel, Stefan Schnetzler
Biodiversitätsförderflächen in Wiesen, Weiden und Riedgebieten sind bezüglich der Heuschrecken im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Fettwiesen deutlich arten- und individuenreicher. Innerhalb der Streueflächen weisen Pfeifengraswiesen und Hochstaudenfluren die höchsten Diversitätswerte und Individuendichten auf. Ausserdem ist die Heuschreckendiversität auf Streueflächen im Vergleich zu 1990 deutlich höher. Auf Fettwiesen hingegen veränderte sich die Heuschreckendiversität nicht signifikant, jedoch zeigten sich auf Artebene deutliche Verschiebungen der relativen Häufigkeiten. Dies zeigen Untersuchungen in der voralpinen Kulturlandschaft Schönenberg (ZH).
Les surfaces de promotion de la biodiversité dans les prairies, les pâturages et les zones humides sont nettement plus riches en espèces et en individus d’orthoptères que les prairies grasses exploitées de manière conventionnelle. Parmi les surfaces à litière, les prairies à molinie et les mégaphorbiaies montrent les valeurs de diversité et les densités d’individus les plus élevées. De plus, la diversité d’orthoptères sur les surfaces à litière est beaucoup plus haute qu’en 1990. Par contre dans les prairies grasses, la diversité en orthoptères ne s’est pas modifiée de manière significative. Toutefois il y a eu des changements clairs dans les abondances relatives au niveau des espèces. Des études menées dans le paysage rural préalpin de Schönenberg (ZH) en témoignent.
Die biologische Vielfalt wurde während der letzten Jahrhunderte durch traditionelle Nutzungsformen, welche eine vielfältige und artenreiche Kulturlandschaft hervorgebracht haben, entscheidend geprägt. So kommen etwa 80% der Schweizer Heuschreckenarten im landwirtschaftlich genutzten, offenen Kulturland vor. Doch der teilweise dramatische Rückgang von extensiv genutztem Grünland aufgrund von Nutzungsintensivierung, Nutzungsaufgabe oder Überbauung führte dazu, dass Heuschreckenarten des Grünlands mit fast einem Drittel bedrohter Arten von diesem Rückgang besonders stark betroffen sind.
Im Anschluss an frühere Erhebungen wurde nun die Heuschreckenfauna in verschiedenen Biodiversitätsförderflächen sowie konventionell genutzen Fettwiesen neu erfasst. Das Forschungsdesign beinhaltete total 100 Untersuchungsflächen, unterteilt in 70 Biodiversitätsförderflächen (10 Extensivweiden, 30 Extensivwiesen und 30 Streueflächen) sowie in 30 konventionell genutzte Fettwiesen. Dabei wurden die Heuschreckendiversität und -dichten der verschiedenen Biodiversitätsförderflächen-Typen untereinander sowie im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Fettwiesen verglichen. Ausserdem gingen die Forschenden der Frage nach, ob sich die Heuschreckenartenzahlen und -dichten der verschiedenen Biotoptypen innerhalb der Streuflächen unterscheiden. Die Untersuchungen fanden in der Gemeinde Schönenberg im Kanton Zürich auf montaner Höhenstufe statt. Dort lagen bereits Vergleichsdaten aus den Jahren 1990 und 2000 vor, was zur Beurteilung langfristiger Bestandestrends miteinbezogen werden konnte.
Die Ergebnisse: Die Biodiversitätsförderflächen-Typen Extensivweide, Extensivwiese und Streuefläche hatten in der voralpinen Kulturlandschaft Schönenbergs (ZH) im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Fettwiesen einen stark positiven Effekt auf die Diversität und Individuendichte von Heuschrecken. Innerhalb der Biodiversitätsförderflächen wiesen Heuschrecken in Streueflächen wiederum signifikant höhere Diversitätswerte und Individuendichten auf als in Extensivwiesen und Extensivweiden. Sie beherbergten zudem fast 95% aller beobachteten Individuen von Arten der Roten Liste. Innerhalb der Streueflächen war in Pfeifengraswiesen und Hochstaudenfluren eine signifikant höhere Heuschreckendiversität zu verzeichnen als in Kleinseggenrieden, Grossseggenrieden und verschilften Teilflächen. Die Individuendichten in Pfeifengraswiesen und Hochstaudenfluren erwiesen sich im Vergleich zu Grossseggenrieden als signifikant höher.
Im Vergleich zu früheren Erhebungen in Schönenberg (ZH) aus den Jahren 1990 und 2000 veränderte sich die Heuschreckendiversität in den Fettwiesen 2016 gesamthaft betrachtet nicht signifikant, jedoch zeigten sich auf Artebene deutliche Verschiebungen der relativen Häufigkeiten. So kam die eher trockenheitsliebende Art der Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) in den Fettwiesen 2016 bedeutend häufiger vor als 1990 und 2000, während die in der Region eher feuchtigkeitsliebende Art der Wiesengrashüpfer (Chorthippus dorsatus) einen gegenteiligen Trend aufwies. Der 1990 und 2000 noch nicht beobachtete Weissrandige Grashüpfer (Chorthippus albomarginatus) fand sich 2016 in einigen Fettwiesen, welche zu den östlichsten Fundorten im Voralpenraum gehören.
In den Streueflächen wurde 2016 eine signifikant höhere Heuschreckendiversität als 1990 festgestellt. Die gefährdete Langflüglige Schwertschrecke (Conocephalus fuscus) erlitt allerdings seit 1990 massive Einbussen, dafür nahmen andere Arten in ihrer relativen Häufigkeit markant zu, z.B. die potenziell gefährdeten Grosse Goldschrecke (Chrysochraon dispar) und der Warzenbeisser (Decticus verrucivorus).
Die meisten dieser Trends stellen eine Fortführung der bereits zwischen 1990 und 2000 festgestellten Tendenzen dar. Die Bestandsentwicklungen lassen sich nicht abschliessend erklären. Möglicherweise hatten die extreme Sommertrockenheit 2016 eine dezimierende Wirkung auf die genannten Arten, oder es handelt sich um natürliche Bestandesfluktuationen oder gewisse Bearbeitereffekte spielen eine Rolle.
Um die Heuschreckendiversität zu fördern, braucht es schonende Mähtechniken, räumlich und zeitlich wechselnde Altgrasinseln und unterschiedliche Schnittzeitpunkte im Gebiet.
Quelle: ZHAW, IUNR
Keywords:
Heuschrecken, Landwirtschaft, Monitoring, Biodiversitätsförderflächen, Moorschutz
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Schlegel J., Schnetzler S. (2018): Heuschrecken (Orthoptera) in Biodiversitätsförderflächen der voralpinen Kulturlandschaft Schönenbergs (Schweiz, Kanton Zürich) mit Trends seit 1990. Alpine Entomology 2, 77-100.
https://alpineentomology.pensoft.net/article/26246/
PDF-Link
Kontaktadresse:
Jürg Schlegel, ZHAW, Institut Umwelt und Natürliche Ressourcen, CH-8820-Wädenswil
juerg.schlegel@zhaw.ch
Tel: +41 (0)58 934 58 67
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