30.7.2018: Forschung CH

Kleinwasserkraftwerke umsichtig planen

Planifiez soigneusement les petites centrales hydroélectriques



Katharina Lange et al.

Kleinwasserkraftwerke werden oft in alpinen Fliessgewässern gebaut und beeinträchtigen diese sensiblen Ökosysteme. Forschende haben nun das verfügbare Wissen zu den Auswirkungen der Kleinwasserkraftwerke auf die Ökosysteme zusammengetragen. Sie empfehlen zur Identifizierung von Standorten, an denen Wasserkraftwerke mit möglichst geringen ökologischen Auswirkungen möglichst viel Strom produzieren, eine umfassendere Betrachtungsweise als bis anhin sowie die Entwicklung eines Planungswerkzeuges. Generell gilt, dass ein Flusssystem über möglichst grosse Strecken vernetzt bleiben sollte.

Les petites centrales hydroélectriques sont souvent construites dans les rivières alpines et affectent ces écosystèmes fragiles. Des chercheurs ont rassemblé les connaissances disponibles sur l'impact des petites centrales hydroélectriques sur les écosystèmes. Ils recommandent une approche plus globale qu'auparavant et le développement d’un outil de planification pour identifier les sites destinés à la petite hydroélectricité, où les centrales hydroélectriques produisent autant d'électricité que possible avec le moins d'impact écologique possible. De manière générale, un système fluvial devrait rester en réseau sur les tronçons les plus longs possible.


Seit dem Reaktorunglück in Fukushima 2011 und dem Inkrafttreten des Klima-Übereinkommens von Paris 2016 boomt der Ausbau der Wasserkraft. Weil das Potenzial für grosse Wasserkraftwerke in Industrieländern wie der Schweiz weitgehend ausgeschöpft ist, werden vermehrt Kleinwasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 10 Megawatt (MW) gebaut. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit über 80 000 kleine Kraftwerke bis 50 MW in Betrieb sind. Mindestens 11 000 weitere Standorte sind derzeit in Planung.
Jedes Kleinwasserkraftwerk ist ein Eingriff in den Lebensraum des jeweiligen Fliessgewässers. In der Schweiz sind vor allem alpine Bäche und Flüsse davon betroffen. Doch gerade diese beheimaten eine einzigartige Fauna und Flora, die an dynamische Habitate und hohe Fliessgeschwindigkeiten angepasst ist. Allerdings ist nur wenig bekannt, wie sich einzelne Kleinwasserkraftwerke auf die Arten und Ökosysteme auswirken und wie die Auswirkungen mehrerer Kraftwerke im selben Flusssystem zusammenspielen. Forschende haben nun in einer Literaturstudie das verfügbare Wissen zu diesen Auswirkungen zusammengetragen. Die Ergebnisse: Kleinwasserkraftwerke bilden Barrieren, zerstückeln Ökosysteme und verhindern die Wanderung und Ausbreitung von Fischen und anderen Lebewesen. In der Folge sinkt die genetische Vielfalt, die Lebewesen können künftig schlechter auf Veränderungen reagieren. Reduzierte Abflüsse und die veränderte Fliessdynamik führen ebenfalls zu einer Beeinträchtigung der typischen Lebensgemeinschaften und lassen Lebensräume lokal verschwinden. Geringe Restwassermengen können beispielsweise zu höheren Wassertemperaturen führen und damit die Auswirkungen der Klimaerwärmung verstärken.
Bisher werden beim Bau eines Kleinwasserkraftwerks oft nur einzelne ökologische Aspekte wie die Auswirkungen der reduzierten Abflussmenge oder die Fischgängigkeit berücksichtigt. Nicht berücksichtigt werden zudem die Wechselwirkungen verschiedener Wasserkraftanlagen in einem Flusssystem. Damit ökologische Auswirkungen von Kleinwasserkraftwerken möglichst klein bleiben, empfehlen die Forschenden deshalb, ein umfassendes Planungswerkzeug zu entwickeln. Generell gilt, dass ein Flusssystem über möglichst grosse Strecken vernetzt bleiben sollte. Fehlt das Wissen über die genetische Vielfalt der Populationen in speziellen und seltenen Lebensräumen wie Auen oder steilen Gewässerabschnitten, sollten diese grossräumig vor Eingriffen geschützt werden. Die Vernetzung solcher geschützter Lebensräume zu den grossen Flüssen muss gewährleistet sein. Weiter müssen beispielsweise ausgewählte Indikatoren für die Biodiversität ausgewiesen werden. Dazu zählt etwa das Vorkommen von Populationen, die besonders gut an die lokalen Umweltbedingungen angepasst sind.

Quelle: Eawag

Keywords:
Kleinwasserkraftwerke, Stromproduktion, ökologische Auswirkungen, Planung von Wasserkraftwerken

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Lange, K. et al. (2018): Basin-scale effects of small hydropower on biodiversity dynamics. Frontiers in Ecology and the Environment. DOI:10.1002/fee.1823.
https://esajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/fee.1823
https://www.eawag.ch/de/news-agenda/news-plattform/news/news/wasserkraftwerke-umsichtig-planen/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=59cc97814acae33ff59cef63bdc20d13

Kontaktadresse:
Katharina Lange, Eawag
katharina.lange@eawag.ch


Zurück zur Liste