21.6.2018: Forschung international

Artenreiche Nachbarschaft fördert das Baumwachstum

Un voisinage riche en espèces favorise la croissance des arbres



Andreas Fichtner et al.

Pflanzen konkurrieren miteinander, zum Beispiel um Licht, Wasser oder Nährstoffe. Mit zunehmender Vielfalt an Baumarten schwächt sich diese nachbarschaftliche Konkurrenz nicht nur ab – die verschiedenen Bäume können sich sogar in ihrem Wuchs unterstützen.

Les plantes se font concurrence entre elles, par exemple pour la lumière, l’eau ou des substances nutritives. Avec l’augmentation de la diversité des espèces d’arbres, non seulement cette concurrence due au voisinage s’affaiblit, mais les arbres peuvent même se soutenir mutuellement dans leur croissance.


In einem weltweit einzigartigen Biodiversitäts-Experiment untersuchen Forschende auf Versuchsflächen in China seit nunmehr 10 Jahren, wie die Vielfalt an Baumarten in Waldökosystemen das Zusammenleben und die Wuchsleistung der Bäume beeinflusst. Zudem interessiert sie, ob Artenvielfalt positive Auswirkungen auf diejenigen Funktionen der Wälder hat, welche Menschen unmittelbar zu Gute kommen – zum Beispiel die Produktion an Holz oder die Minderung schädlicher Bodenerosion.
Die Untersuchungen brachten erstaunliche Befunde zutage: Baumindividuen in einer artenreichen Nachbarschaft wachsen deutlich besser und produzieren mehr Holz als solche, welche von ihresgleichen – also Individuen derselben Art – umgeben sind. Besonders beeindruckend ist der Befund, dass die Wechselbeziehungen eines Baumes mit seinen unmittelbaren Nachbarn zugleich auch eine wesentlich höhere Produktivität von Waldbeständen hervorrufen, und dass das «Miteinander» benachbarter Bäume zu über 50% die Produktivität eines Waldbestandes erklärt. Die Bedeutung der Nachbarschaftsbeziehungen für die Bestandes-Produktivität erhöhte sich dabei in dem Masse, wie die Baumartenzahl auf Bestandes-Ebene zunahm. Diese Erkenntnisse zeigen, dass ein Zusammenleben der benachbarten Bäume und deren kleinräumige Wechselwirkungen ganz wesentlich erklärt, wie ein artenreicher Mischwald auf der gesamten Fläche wächst.
Das Forscherteam konnte zudem entschlüsseln, welche Mechanismen in artenreichen Beständen zu einem Mehr an produziertem Holz bei Einzelbäumen führen: Ihre Befunde zeigen, dass die nachbarschaftliche Konkurrenz zwischen den Bäumen mit zunehmendem Artenreichtum nicht nur abgeschwächt sein kann, sondern sich die Bäume sogar gegenseitig im Wuchs unterstützen, etwa durch eine Verbesserung der mikroklimatischen Verhältnisse oder durch ein positives Zusammenwirken der im Boden lebenden Pilzpartner.
Die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeiten erhellen nicht nur unsere Vorstellungen über das Zusammenwirken der Bäume beim Wuchs und das Funktionieren von Waldökosystemen, sondern haben zudem eine kaum zu überschätzende naturschutzfachliche und forstliche Relevanz, so die Forschenden. So können zum Beispiel Aufforstungsprogramme in Ländern, welche die vielfach dramatischen Auswirkungen früherer Waldrodungen abmildern wollen, dann deutlich verbesserte Wohlfahrtswirkungen erzielen, wenn sie anstelle von üblichen Monokulturen artenreiche Mischungen auf kleinräumiger Ebene aus heimischen Baumarten verwenden. Zudem zeigen die Befunde, wie wichtig heute ein langfristig wirksamer Schutz der globalen Biodiversität ist: Diese stützt in vielfältiger Weise nicht nur die Funktionstüchtigkeit von Ökosystemen, sondern auch die vom Menschen genutzten Ökosystemleistungen.

Quelle: Technische Universität Dresden


Keywords:
Wald, Produktivität, Artenvielfalt, Holz, Ökosystemleistungen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Fichtner A. et al. (2018): Neighbourhood interactions drive overyielding in mixed-species tree communities. Nature Communications 9, 1144. DOI: 10.1038/s41467-018-03529-w
http://www.bef-china.de/index.php/en/

Kontaktadresse:
Prof. Goddert von Oheimb, Professur für Biodiversität und Naturschutz, Technische Universität Dresden, Dezernat 8, D-01062 Dresden

Goddert_v_Oheimb@tu-dresden.de


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