27.3.2018: Forschung international

Alpenflora reagiert unterschiedlich schnell auf den Klimawandel

La flore alpine réagit aux changements climatiques à différentes cadences



Sabine B. Rumpf et al.

«Flucht nach oben», also die Besiedelung immer höherer Lagen, ist eine typische Reaktion von Gebirgspflanzen auf den Klimawandel. Wissenschaftler haben nun Daten gesammelt, die ein vollständigeres Bild der Reaktion von Alpenpflanzen auf Klimaveränderungen ergeben. Die wichtigsten Trends: Die Verbreitungsschwerpunkte verschieben sich generell nach oben, und viele Arten werden innerhalb ihres Verbreitungsgebietes häufiger. Allerdings reagieren Pflanzen der tieferen Lagen schneller als die hochalpine Flora. Die Forschenden befürchten deshalb, dass alpine Arten neben direkten Klimawirkungen auch zunehmend dem Konkurrenzdruck durch hochsteigende subalpine und montanen Arten ausgesetzt sind.

« La fuite vers le haut », c'est-à-dire la colonisation de stations toujours plus élevées, est une réaction typique des plantes de montagne face au changement climatique. Les scientifiques ont maintenant collecté des données qui fournissent une image plus complète de la réponse des plantes alpines au changement climatique. Les principales tendances : leurs zones de distribution majeure se déplacent vers le haut, et de nombreuses espèces sont de plus en plus répandues dans leur zone de distribution. Cependant, les plantes situées aux altitudes inférieures réagissent plus vite que la flore alpine. Les chercheurs craignent donc que les espèces alpines, en plus des impacts climatiques directs, soient également de plus en plus exposées à la pression de concurrence des espèces subalpines et montagnardes.


Bisherige Untersuchungen konzentrierten sich auf Änderungen der oberen Verbreitungsgrenzen von Alpenpflanzen. Was an den unteren Grenzen oder im Verbreitungszentrum einer Art geschieht, ist vergleichsweise wenig bekannt. Um die Gefährdung einer Art durch den Klimawandel richtig einzuschätzen, ist aber die Reaktion der gesamten Population erforderlich.
Ein Team von BiologInnen der Universität Wien und der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL hat den bisherigen Fokus erweitert und Veränderungen entlang der gesamten Höhenverbreitung von 183 Alpenpflanzen analysiert. Sie verglichen dafür Daten zur Verteilung dieser Arten in den Alpen während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Daten zur aktuellen Verbreitung im selben Gebiet. Die Resultate zeigen grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Arten.
Im Durchschnitt sind sowohl die obere und untere Verbreitungsgrenze als auch der Höhenschwerpunkt der Verbreitung um 20 bis 35 Meter nach oben gewandert. Innerhalb ihres Verbreitungsgebietes sind viele Arten häufiger geworden. Der grösste Teil der Alpenflora scheint sein gesamtes Verbreitungsgebiet langsam und gleichmässig nach oben zu verschieben und vom Klimawandel bisher eher zu profitieren.
Die beobachteten Veränderungen verlaufen allerdings nicht überall mit derselben Geschwindigkeit. Höhengrenzen haben sich umso stärker nach oben verschoben, je tiefer sie historisch dokumentiert waren, und die Häufigkeit hat für Arten mit tieferem historischen Verbreitungsschwerpunkt stärker zugenommen. Insgesamt ergibt sich damit eine Alpenflora der ungleichen Geschwindigkeiten, mit schnelleren Reaktionen montaner und subalpiner Arten und langsameren, teilweise sogar gegenläufigen Reaktionen der Arten alpiner Lagen.
Diese ungleichen Geschwindigkeiten führen dazu, dass Gewinner und Verlierer des Klimawandels sich entlang des Höhengradienten zu sortieren scheinen. Knapp 20% der Arten sind Verlierer dieser Veränderungen, weil sie heute seltener geworden sind und zugleich ein schmaleres Höhenintervall besiedeln. Diese 33 Arten sind bevorzugt in den höheren und höchsten von uns untersuchten Lagen zu finden. Es ist daher zu befürchten, dass alpine Arten neben direkten Klimawirkungen auch zunehmend mit konkurrenzstarken subalpinen und montanen Arten konfrontiert sein werden, die schneller nach oben wandern als sie selbst dazu in der Lage sind.

Quelle: Universität Wien

Keywords:
Alpen, Klimawandel, Pflanzen, Verbreitung

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Rumpf S.B. (2018): Range dynamics of mountain plants decrease with elevation, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 115(8), 1848-1853.
http://www.pnas.org/content/115/8/1848

Kontaktadresse:
Stefan Dullinger
Universität Wien
Rennweg 14
AUT-1030 Wien

Sabine.Rumpf@univie.ac.at
Tel: +43 (0)1 4277 54378


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